Unsere Forschung
Der Mensch verändert unseren Planeten in einem noch nie da gewesenen Tempo: Die Temperaturen steigen rapide an, die menschlichen Aktivitäten in den verbliebenen tierischen Lebensräumen nehmen zu und die Biomasse der Tiere auf dem Planeten ist schätzungsweise um mehr als 85 % zurückgegangen, während die Anzahl der Menschen und der dazugehörigen Nutztiere zunahm. Angesichts dieser raschen Veränderungen verschiebt sich die Zusammensetzung der verbleibenden Tiergemeinschaften. Die veränderte Zusammensetzung von Tiergemeinschaften hat kaskadenartige Auswirkungen auf das Verhalten und die Ökologie dieser Tiere. In und auf jedem Tier finden sich vielfältige Gemeinschaften von (Mikro-)Organismen, während die Tiere ihrerseits in komplexen sozialen Gruppen leben und mit anderen Tierarten über z. B. Räuber-Beute-Beziehungen sowie mit verschiedenen Gemeinschaften von Vektoren interagieren. Die Übertragung von Mikroorganismen erfolgt z. T. durch diese Interaktionen, sowohl zwischen Tieren derselben Art als auch zwischen Tieren verschiedener Arten. Der Mensch ist zunehmend Teil dieser Interaktionsnetze und die Übertragung von Krankheitserregern vom Tier auf den Menschen nimmt zu. Tatsächlich stellen neu auftretende Zoonosen eine zunehmende Bedrohung für die menschliche Gesundheit dar. Die meisten dieser Krankheiten haben ihren Ursprung in Wildtieren. Mikroorganismen und die mit ihnen verbundenen Krankheiten beeinflussen auch das Fortbestehen und die Erhaltung von Tierpopulationen. Gelegentlich werden Krankheitserreger auch vom Menschen auf Tiere übertragen. Die Forschungsgruppe „Evolutionäre Gemeinschaftsökologie“ untersucht, wie sich die veränderte Zusammensetzung von Tiergemeinschaften kaskadenartig auf ihre mikrobiellen Gemeinschaften, Krankheiten und Übertragungsraten auch auf den Menschen auswirkt.
Jüngste praktische und theoretische Fortschritte auf dem Gebiet der Gemeinschaftsökologie bieten die Möglichkeit, die für die Entstehung und Ausbreitung von Krankheitserregern in diesen sich verändernden Kontexten relevanten Wechselwirkungen zu ermitteln und besser zu verstehen. Ziel der Forschungsgruppe ist es, flexible Modellierungskonzepte zu entwickeln und zu nutzen, um diese verschiedenen Dimensionen der biologischen Organisation - vom Wirtsorganismus bis hin zu landschaftlichen und regionalen Prozessen - einzubeziehen und diese Prozesse zu entflechten. Dies wird durch die Einbeziehung eines evolutionären Ansatzes vorangetrieben, der Daten liefert, um festzustellen, welche dieser Prozesse den Aufbau von Gemeinschaften auf verschiedenen räumlichen und zeitlichen Ebenen vorantreiben. So können Analysen der phylogenetischen Strukturierung von Wirten und Mikroorganismen Muster der Selektion und Interaktionen zwischen Mikroorganismen aufzeigen, während phylogenetische Analysen die Geschichte des Wirtswechsels oder der Kodivergenz offenlegen können. Tiergemeinschaften und Interaktionen zwischen den Arten zu ignorieren, kann dramatische, unbeabsichtigte Folgen für Naturschutzmaßnahmen haben.
Der Zusammenhang zwischen biologischer Vielfalt und menschlicher Gesundheit ist nach wie vor kontrovers. Einerseits geht man davon aus, dass eine große Artenvielfalt bei Tieren eine große mikrobielle Vielfalt beherbergt, von denen einige für den Menschen pathogen sein können. Andererseits hat sich gezeigt, dass ein hohes Maß an biologischer Vielfalt, insbesondere auf kleiner und mittlerer Ebene, das Risiko einiger Krankheiten für den Menschen verringert. So geht der Verdünnungseffekt davon aus, dass die Übertragung bestimmter Krankheitserreger mit abnehmender biologischer Vielfalt zunehmen kann, wobei die Zahl der geeigneten Wirte mit zunehmender biologischer Vielfalt abnimmt. Trotz der Forderung nach allgemeingültigen Regeln, die einen Zusammenhang zwischen biologischer Vielfalt, Störungen des Lebensraums und Krankheitsrisiko herstellen, haben sich solche Muster bisher nicht gezeigt. Vielmehr wächst das Bewusstsein, dass lokale Daten über die biologische Vielfalt von Tieren, ihren mikrobiellen Gemeinschaften und Übertragungsraten erforderlich sind, um das kontextspezifische Krankheitsrisiko zu quantifizieren und lokale Strategien zur Krankheitsbekämpfung zu entwickeln. Daten über die Verteilung von Wirten und ihren Mikroorganismen bilden somit die Grundlage für das Verständnis der Dynamik des Risikos der Krankheitsentstehung in unserer sich verändernden Welt. Das aufkommende Feld der eDNA, das Hochdurchsatz-Sequenzierungstechnologien nutzt, um Sequenzinformationen über Wirte und Mikroben in großem Maßstab zu generieren, wird von unserer Gruppe genutzt, um das Feld der evolutionären Gemeinschaftsökologie auf das wichtige Thema des Krankheitsentstehungsrisikos anzuwenden.
Sind Sie an einer Mitarbeit in der Gruppe Evolutionäre Gemeinschaftsökologie interessiert? Nehmen Sie Kontakt zu uns auf, denn wir suchen verschiedene Mitarbeitende.
Unsere Forschung
Der Mensch verändert unseren Planeten in einem noch nie da gewesenen Tempo: Die Temperaturen steigen rapide an, die menschlichen Aktivitäten in den verbliebenen tierischen Lebensräumen nehmen zu und die Biomasse der Tiere auf dem Planeten ist schätzungsweise um mehr als 85 % zurückgegangen, während die Anzahl der Menschen und der dazugehörigen Nutztiere zunahm. Angesichts dieser raschen Veränderungen verschiebt sich die Zusammensetzung der verbleibenden Tiergemeinschaften. Die veränderte Zusammensetzung von Tiergemeinschaften hat kaskadenartige Auswirkungen auf das Verhalten und die Ökologie dieser Tiere. In und auf jedem Tier finden sich vielfältige Gemeinschaften von (Mikro-)Organismen, während die Tiere ihrerseits in komplexen sozialen Gruppen leben und mit anderen Tierarten über z. B. Räuber-Beute-Beziehungen sowie mit verschiedenen Gemeinschaften von Vektoren interagieren. Die Übertragung von Mikroorganismen erfolgt z. T. durch diese Interaktionen, sowohl zwischen Tieren derselben Art als auch zwischen Tieren verschiedener Arten. Der Mensch ist zunehmend Teil dieser Interaktionsnetze und die Übertragung von Krankheitserregern vom Tier auf den Menschen nimmt zu. Tatsächlich stellen neu auftretende Zoonosen eine zunehmende Bedrohung für die menschliche Gesundheit dar. Die meisten dieser Krankheiten haben ihren Ursprung in Wildtieren. Mikroorganismen und die mit ihnen verbundenen Krankheiten beeinflussen auch das Fortbestehen und die Erhaltung von Tierpopulationen. Gelegentlich werden Krankheitserreger auch vom Menschen auf Tiere übertragen. Die Forschungsgruppe „Evolutionäre Gemeinschaftsökologie“ untersucht, wie sich die veränderte Zusammensetzung von Tiergemeinschaften kaskadenartig auf ihre mikrobiellen Gemeinschaften, Krankheiten und Übertragungsraten auch auf den Menschen auswirkt.
Jüngste praktische und theoretische Fortschritte auf dem Gebiet der Gemeinschaftsökologie bieten die Möglichkeit, die für die Entstehung und Ausbreitung von Krankheitserregern in diesen sich verändernden Kontexten relevanten Wechselwirkungen zu ermitteln und besser zu verstehen. Ziel der Forschungsgruppe ist es, flexible Modellierungskonzepte zu entwickeln und zu nutzen, um diese verschiedenen Dimensionen der biologischen Organisation - vom Wirtsorganismus bis hin zu landschaftlichen und regionalen Prozessen - einzubeziehen und diese Prozesse zu entflechten. Dies wird durch die Einbeziehung eines evolutionären Ansatzes vorangetrieben, der Daten liefert, um festzustellen, welche dieser Prozesse den Aufbau von Gemeinschaften auf verschiedenen räumlichen und zeitlichen Ebenen vorantreiben. So können Analysen der phylogenetischen Strukturierung von Wirten und Mikroorganismen Muster der Selektion und Interaktionen zwischen Mikroorganismen aufzeigen, während phylogenetische Analysen die Geschichte des Wirtswechsels oder der Kodivergenz offenlegen können. Tiergemeinschaften und Interaktionen zwischen den Arten zu ignorieren, kann dramatische, unbeabsichtigte Folgen für Naturschutzmaßnahmen haben.
Der Zusammenhang zwischen biologischer Vielfalt und menschlicher Gesundheit ist nach wie vor kontrovers. Einerseits geht man davon aus, dass eine große Artenvielfalt bei Tieren eine große mikrobielle Vielfalt beherbergt, von denen einige für den Menschen pathogen sein können. Andererseits hat sich gezeigt, dass ein hohes Maß an biologischer Vielfalt, insbesondere auf kleiner und mittlerer Ebene, das Risiko einiger Krankheiten für den Menschen verringert. So geht der Verdünnungseffekt davon aus, dass die Übertragung bestimmter Krankheitserreger mit abnehmender biologischer Vielfalt zunehmen kann, wobei die Zahl der geeigneten Wirte mit zunehmender biologischer Vielfalt abnimmt. Trotz der Forderung nach allgemeingültigen Regeln, die einen Zusammenhang zwischen biologischer Vielfalt, Störungen des Lebensraums und Krankheitsrisiko herstellen, haben sich solche Muster bisher nicht gezeigt. Vielmehr wächst das Bewusstsein, dass lokale Daten über die biologische Vielfalt von Tieren, ihren mikrobiellen Gemeinschaften und Übertragungsraten erforderlich sind, um das kontextspezifische Krankheitsrisiko zu quantifizieren und lokale Strategien zur Krankheitsbekämpfung zu entwickeln. Daten über die Verteilung von Wirten und ihren Mikroorganismen bilden somit die Grundlage für das Verständnis der Dynamik des Risikos der Krankheitsentstehung in unserer sich verändernden Welt. Das aufkommende Feld der eDNA, das Hochdurchsatz-Sequenzierungstechnologien nutzt, um Sequenzinformationen über Wirte und Mikroben in großem Maßstab zu generieren, wird von unserer Gruppe genutzt, um das Feld der evolutionären Gemeinschaftsökologie auf das wichtige Thema des Krankheitsentstehungsrisikos anzuwenden.
Sind Sie an einer Mitarbeit in der Gruppe Evolutionäre Gemeinschaftsökologie interessiert? Nehmen Sie Kontakt zu uns auf, denn wir suchen verschiedene Mitarbeitende.
Dr. Jan Frederik Gogarten
Jan Gogarten ist ein Ökologe für Wildtierkrankheiten, der vor kurzem die Forschungsgruppe Evolutionäre Gemeinschaftsökologie am Helmholtz-Institut für One Health in Greifswald gegründet hat. Er wurde 2023 in die Global Young Academy gewählt und setzt sich für eine größere Vielfalt von Perspektiven in der Wissenschaft ein. In den letzten zehn Jahren hat er in zwei Biodiversitäts-Hotspots in Uganda und der Elfenbeinküste gearbeitet und Publikationen zu einem breiten Spektrum von Themen aus den Bereichen Ökologie und Evolutionsbiologie sowie Mikrobiologie und Virologie veröffentlicht, was sein Engagement für die Transdisziplinarität unterstreicht, die für die Entwicklung des One-Health-Konzeptes erforderlich ist. Das Auftreten von Krankheitserregern in Ökosystemen kann drastische Folgen für die Menschheit haben. Gleichzeitig spielen Krankheiten eine entscheidende Rolle bei der Regulierung von Wildtierpopulationen und ihrer langfristigen Erhaltung. Jan Gogartens Forschung zielt darauf ab, eine Grundlage für eine Naturschutzpolitik zu schaffen, die auf ein nachhaltiges Leben mit der biologischen Vielfalt abzielt. Einerseits, indem er die Prozesse versteht, welche die tierische und mikrobielle Vielfalt in Ökosystemen beeinflussen und erhalten. Andererseits, indem er Strategien entwickelt, um das Auftreten von Krankheiten in menschlichen und wildlebenden Populationen zu verstehen und einzudämmen. Zu diesem Zweck hat er ein Umwelt-DNA-Toolkit zur nicht-invasiven Untersuchung und Gewinnung von genomischen Daten von Wirten und Krankheitserregern auf Landschaftsebene entwickelt.
Jan Gogarten interessiert sich allgemein für Gesundheitsthemen und insbesondere für die Faktoren, die die Zusammensetzung von Wirtsgemeinschaften in Landschaften beeinflussen, aber auch für die Gemeinschaften von Mikroorganismen innerhalb dieser Wirte. Er kombiniert diese Arten von Daten, um Einblicke in die Krankheitsentstehung und den Übertragungsprozess zwischen Wirten und Arten zu gewinnen, wobei er dies insbesondere mit einem phylogenetischen Gerüst verbindet. Er arbeitet häufig mit wildlebenden nicht-menschlichen Primaten und nutzt ein vielfältiges molekulares Instrumentarium, darunter Metabarcoding, Umwelt-DNA und Hybridisierungserfassung.
Jan studierte Biologie und Anthropologie an der McGill Universität in Kanada und machte anschließend einen Master in biologischer Anthropologie an der Stony Brook Universität. Er schloss 2017 seinen Doktortitel in Biologie an der McGill University bei Dr. Jonathan Davies und Colin Chapman ab. Während seiner Doktorarbeit war er am RKI und dem MPI für evolutionäre Anthropologie angegliedert und arbeitete eng mit dem Tai Chimpanzee Project und Dr. Roman Wittig, Fabian Leendertz und Sébastien Calvignac-Spencer zusammen. Anschließend nahm er eine Postdoc-Stelle an der Columbia University an und arbeitete dort mit Dr. Thomas Briese und Ian Lipkin, gefolgt von einem Postdoc-Aufenthalt am RKI im Rahmen der DFG-Forschungsgruppe „Sozialität und Gesundheit bei Primaten“, die sich gemeinsam mit Sébastien Calvignac-Spencer mit dem Zusammenspiel von Sozialität und mikrobieller Diversität beschäftigt.
Ausgewählte Publikationen
1. Lynggaard C, Calvignac-Spencer S, Chapman CA, Kalbitzer U, Leendertz FH, Omeja PA, Opito EA, Sarkar D, Bohmann K, Gogarten JF. (2023) Extensive tropical vertebrate diversity discovered through swabbing of environmental DNA from leaves. Current Biology. 33, R829–R854. DOI: 10.1016/j.cub.2023.06.031
2. Gogarten JF, Rühlemann M, Archie E, Tung J, Akoua-Koffi C, Bang C, Deschner T, Muyembe-Tamfun J-J, Robbins MM, Schubert G, Surbeck M, Wittig RM, Zuberbühler K, Baines JF, Franke A, Leendertz FH, Calvignac-Spencer S. (2021) Primate phageomes are structured by superhost phylogeny and environment. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America. 118: e2013535118. DOI: 10.1073/pnas.2013535118
3. Gogarten JF, Davies TJ, Benjamino J, Gogarten JP, Graf J, Mielke A, Mundry R, Nelson MC, Wittig RM#, Leendertz FH, Calvignac-Spencer S. (2018) Factors influencing bacterial microbiome composition in a wild non-human primate community in Taï National Park, Côte d’Ivoire. The ISME Journal. 12: 2559-74. DOI: 10.1038/s41396-018-0166-1
4. Jahan M, Lagostina L, Gräßle T, Couacy-Hymann E, Kouadio L, Kouakou VK, Krou HA, Mossoun A, Patrono LV, Pléh K, Steiner JA, Yves N, Leendertz FH, Calvignac-Spencer S, Gogarten JF. (2023) Fly iDNA suggests strict reliance of the causative agent of sylvatic anthrax on rainforest ecosystems. Environmental DNA. DOI: 10.1002/edn3.401.
5. Gogarten JF, Düx A, Mubemba B, Pléh K, Hoffmann C, Mielke A, Müller-Tiburtius J, Sachse A, Wittig RM, Calvignac-Spencer S, Leendertz FH. (2019) Tropical rainforest flies carrying pathogens form stable associations with social non-human primates. Molecular Ecology. 28: 4242– 4258. DOI: 10.1111/mec.15145