Beim diesjährigen Symposium des Helmholtz-Instituts für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) am 27. und 28. Juni stand der Kampf gegen antibiotikaresistente Erreger im Fokus. Anlässlich des zehnjährigen Jubiläums des HIPS hatte das Fachpublikum dieses Jahr zwei Tage – statt wie bisher üblich nur einen Tag – Zeit, um sich über die aktuellsten Ergebnisse aus dem Bereich der Antibiotikaforschung zu informieren und auszutauschen. Neben erstklassigen Forschern und talentierten Nachwuchswissenschaftlern aus aller Welt kamen auch Gäste aus der Politik auf den Campus der Universität des Saarlandes (UdS), um dem HIPS zu gratulieren und gemeinsam zu feiern. Das HIPS ist ein Standort des Braunschweiger Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) und wurde 2009 gemeinsam mit der UdS gegründet.
10 Jahre pharmazeutische Forschung am HIPS
Nach der Begrüßung der rund 300 Teilnehmer und einem kurzen Rückblick auf die Geschichte des HIPS übergab der geschäftsführende Direktor Rolf Müller das Wort an Mathias Herrmann vom Universitätsklinikum Münster. Herrmann machte anhand von Fallbeispielen aus dem Klinikalltag eindrucksvoll deutlich, wie stark die Bedrohung durch das Auftreten antimikrobieller Resistenzen in den vergangenen Jahren gestiegen ist und wie dringend neue, resistenzbrechende Antibiotika benötigt werden. Ohne die Verfügbarkeit wirksamer Antibiotika wären moderne medizinische Errungenschaften wie Transplantationen, Knochenmarkspenden oder Chemotherapie nicht mehr durchführbar. Eine Chance, um ein solches Szenario zu verhindern, sieht Herrmann in translationaler Forschung, also der zügigen Übertragung von Forschungsergebnissen in die Klinik – und genau an diesem Punkt setzt das HIPS an.
Bevor der wissenschaftliche Teil des Symposiums startete, richteten Tobias Hans (Ministerpräsident des Saarlandes), Veronika von Messling (Aufsichtsratsvorsitzende des HZI und Ministerialdirektorin der Abteilung Lebenswissenschaften des Bundesministeriums für Bildung und Forschung), Otmar D. Wiestler (Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft), Dirk Heinz (Wissenschaftlicher Geschäftsführer des HZI) und Manfred Schmitt (Präsident der UdS) Grußworte an das HIPS und gratulierten zum zehnjährigen Bestehen. Die Gratulanten lobten vor allem die Entwicklung des Instituts und attestierten ihm eine zentrale Rolle in der deutschen Gesundheitsforschung.
Die wissenschaftlichen Vorträge waren aufgeteilt auf drei Sessions zu den Themen Mikrobielle Naturstoffe, Wirkstoff-Transport sowie Wirkstoffdesign und Optimierung. Hierbei präsentierten neben geladenen Gästen auch ausgewählte Konferenzteilnehmer den Besuchern ihre aktuellsten Forschungsergebnisse. Anlässlich des Jubiläums fanden zudem zwei Sessions mit „Scientific Birthday Talks“ statt. Im Rahmen dieser Vorträge kamen unter anderem Vertreter der HIPS-Schwesterinstitute TWINCORE in Hannover und Helmholtz-Institut für RNA-basierte Infektionsforschung in Würzburg zu Wort.
Das traditionelle HIPS-Podium hat das wissenschaftliche Programm schließlich abgerundet. Hier berichteten junge Nachwuchswissenschaftler des HIPS in kurzen Vorträgen über ihre aktuellen Projekte und die neuesten Entwicklungen am Institut. Das Podium wurde von Mina Mehanny aus der Nachwuchsgruppe „Biogene Nanotherapeutika“ eröffnet. In seinem Vortrag erklärte er, wie extrazelluläre Vesikel von Streptokokken genutzt werden können, um Impfstoffe gezielt zu Immunzellen im menschlichen Körper zu transportieren. Auch Joscha Meiers aus der Forschungsgruppe „Chemische Biologie der Kohlenhydrate“ arbeitet daran, den Transport von Wirkstoffen zu ihrem Zielort zu verbessern: Durch die Kopplung eines Antibiotikums an Moleküle, die Komponenten von mikrobiellen Biofilmen binden, gelingt es, die Konzentration des Antibiotikums genau dort zu erhöhen, wo sich der Erreger befindet. Im dritten Vortrag legte Asfandyar Sikandar den Fokus auf die molekularen Mechanismen, welche zur Ausbildung antimikrobieller Resistenzen führen. Als Mitglied der Nachwuchsgruppe „Strukturbiologie biosynthetischer Enzyme“ untersucht er die dreidimensionale Struktur sowie die Wirkungsweise des Albicidin-bindenden Proteins AlbA. Emilia Oueis stellte in ihrem Vortrag den myxobakteriellen Sekundärstoff Chlorotonil vor. Das Molekül zeigt sowohl vielversprechende Aktivität gegen multiresistente grampositive Keime als auch den Malaria-Erreger Plasmodium falciparum. Die Abteilung „Mikrobielle Naturstoffe“ arbeitet derzeit zusammen mit verschiedenen Partnern an der präklinischen Entwicklung der Substanz. Im letzten Vortrag des HIPS-Podiums stellte Ravindra Jumde aus der Abteilung „Wirkstoffdesign und Optimierung“ seine Arbeiten zum potenziellen Wirkstoff-Target DXS vor. Das Enzym ist essenziell für das Überleben einer Vielzahl medizinisch relevanter Pathogene. Allerdings gibt es bislang noch keinen klinisch verfügbaren Wirkstoff, um seine Aktivität zu regulieren – dieser Aufgabe widmet sich Jumde in seiner Forschung.
Neben den Vorträgen hatten die Konferenzteilnehmer die Möglichkeit, ihre eigenen wissenschaftlichen Ergebnisse im Rahmen von Posterpräsentationen vorzustellen und in lockerer Atmosphäre zu diskutieren. Am Abend des ersten Tages begaben sich die Konferenzteilnehmer gemeinsam von der Aula der Saar-Uni zum HIPS-Gebäude, wo die Feierlichkeiten zum zehnjährigen Jubiläum stattfanden. Bei gutem Wetter und Livemusik wurde bis in die Abendstunden „geschwenkt“ (Saarländisch für „grillen“) und weiter diskutiert. Das nächste HIPS-Symposium wird am 18. Juni 2020 stattfinden. Die Vorbereitungen laufen bereits.
Autor: Yannic Nonnenmacher
Veröffentlichung: Juli 2019