Antikörper greifen ein SARS-CoV-2-Partikel an
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Abschlussbericht der IMMUNEBRIDGE-Studie veröffentlicht

Studie zeigt guten Schutz der Bevölkerung vor schweren COVID-19-Verläufen, deckt aber auch relevante Lücken im Immunschutz von Risikogruppen auf

Im Rahmen der IMMUNEBRIDGE-Studie haben Wissenschaftler:innen des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) und der Universität Münster gemeinsam mit Partnern den Immunisierungsgrad der Bevölkerung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 im Jahr 2022 untersucht. Dabei zeigte sich, dass der überwiegende Teil der Bevölkerung moderat bis sehr gut gegen einen schweren Verlauf von COVID-19 geschützt war, jedoch nicht vor einer Ansteckung mit SARS-CoV-2. Allerdings stellte die Studie auch relevante Lücken beim Immunschutz fest, vor allem bei älteren Menschen, bei Menschen mit Vorerkrankungen sowie in einigen Regionen Deutschlands. Die entsprechenden Daten wurden schnell und kontinuierlich in Zwischenberichten veröffentlicht (im August und Oktober 2022) und konnten auch in die infektionsdynamischen Modellierungen des neu aufgebauten Modellierungsnetzwerkes für schwere Infektionskrankheiten (MONID) eingehen. Der Abschlussbericht der Studie, die das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert hat, wurde nun veröffentlicht.

 

Gemeinsam mit Prof. André Karch von der Universität Münster koordinierte Dr. Berit Lange, Leiterin der Klinischen Epidemiologie am HZI, im Projekt IMMUNEBRIDGE die Zusammenführung und Analyse der von Juni bis November 2022 neu erhobenen Daten und Antikörperuntersuchungen von über 33.000 Teilnehmenden aus neun epidemiologischen Studien. Auch Neuerhebungen aus der HZI-eigenen Bevölkerungskohorte MuSPAD gingen in das Projekt ein. Basierend auf Literaturauswertungen teilten die Forschenden mithilfe der Information zu stattgehabten Infektionen und Impfungen sowie den Antikörpermessungen die Bevölkerung in vier Kategorien unterschiedlicher Schutzniveaus ein. Die Schutzniveaus beruhten darauf, wie viele Impfungen und/oder Infektionen mit SARS-CoV-2 berichtet wurden und auch durch Antikörperbestimmungen in Blutproben bestätigt werden konnten. Insgesamt war der Schutz vor einem schweren COVID-19-Verlauf beim größten Teil der Bevölkerung moderat bis sehr gut. Bei 37 Prozent der Teilnehmenden im Alter von über 79 Jahren stellten die Forschenden jedoch einen geringeren Schutz vor schweren Verläufen fest. In der Gruppe mit Vorerkrankungen war dieser Anteil sogar noch höher, was die Bedeutung zusätzlicher Schutzmaßnahmen in zukünftigen Infektionswellen in diesen Bevölkerungsgruppen hervorhebt.

„Insgesamt zeigen wir, wie ein Netzwerk epidemiologischer Studien die Bereitstellung schnell benötigter Vorhersagen zur Belastung des Gesundheitssystems unterstützen kann, wenn Datenerfassung, Laboruntersuchungen, Datenverknüpfung und -analyse harmonisiert sind und eine klare Kommunikation von modellverwendbaren Indikatoren an ein effektives Modellierungsnetzwerk gewährleistet ist“, sagt Berit Lange. „Entscheidend war hierbei die gute Zusammenarbeit zwischen vielen verschiedenen Institutionen und ein sehr interdisziplinäres Team sowohl aus dem Bereich der Universitätskliniken, der außeruniversitären Einrichtungen und verschiedenen bestehenden Studien. Das IMMUNEBRIDGE-Projekt ist somit aus unserer Sicht eine hervorragende Grundlage für ein Netzwerk epidemischer Panel, das in Deutschland im Sinne der Pandemievorbereitung und für das optimale Management von Epidemien in Zukunft benötigt wird.“

Hintergrund:

Die IMMUNEBRIDGE-Studie ist Teil des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung ins Leben gerufene Netzwerk Universitätsmedizin (NUM) und wurde mit rund drei Millionen Euro gefördert. Für die Studie wurden Daten und Bioproben von insgesamt 33.637 Personen aus neun populations- bzw. krankenhausbasierten Studien ausgewertet. Die Daten unterstützten das ebenfalls vom BMBF geförderte Netzwerk „Modelling Network for Severe Infectious Diseases“ (MONID) dabei, Modellberechnungen für die Infektionslage im Winter 2022/23 zu erstellen. Das NUM wurde im April 2020 als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie vom BMBF gegründet. Ziel des NUM ist es, die Forschung zu COVID-19 und anderen Erkrankungen an allen 36 Universitätskliniken in Deutschland zu koordinieren. Es handelt sich um eine bislang einzigartige Initiative zur bundesweiten Vernetzung und Bündelung von Kompetenzen, Ressourcen und Forschungsaktivitäten.

Weitere Informationen:

Preprint zum IMMUNEBRIDGE-Projekt:
Preprint
Zusatzmaterial

Zwischenberichte der IMMUNEBRIDGE-Studie:
1. Interimsanalyse des IMMUNEBRIDGE-Projekts
2. Interimsanalyse des IMMUNEBRIDGE-Projekts

Erhebung in der MuSPAD-Studie (Preprint)

Szenarien-Modellierungen

Modellierungsnetzwerk für schwere Infektionskrankheiten (MONID)