Um Substanzen aus der Natur in größeren Mengen zu gewinnen, muss man sie vielfach im Labor gewissermaßen „nachbauen“. Dazu sind oft komplizierte Synthese-Verfahren vonnöten, meist unter Einsatz von Reaktionsbeschleunigern, so genannten Katalysatoren. Prof. Alois Fürstner hat zahlreiche neue Methoden entwickelt, um komplexe Moleküle aus der Natur – etwa Antibiotika und Alkaloide – mit Hilfe von Katalysatoren künstlich herzustellen. Für seine Verdienste um die Weiterentwicklung der Naturstoffsynthese erhält Fürstner nun die Inhoffen-Medaille.
Der mit 5000 Euro dotierte Preis gilt als angesehenste deutsche Auszeichnung auf dem Gebiet der Naturstoffchemie. Er wird im Rahmen der Inhoffen-Vorlesung verliehen, einer gemeinsamen Festveranstaltung des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) und der Technischen Universität (TU) Braunschweig, und vom Förderverein des HZI finanziert. Die Ehrung findet am Donnerstag, 27. März, um 15 Uhr in der Aula des Hauses der Wissenschaft in Braunschweig statt. Der Preisträger Alois Fürstner ist am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mülheim/Ruhr tätig.
Zahlreiche Krankheitserreger bilden Resistenzen gegen Medikamente und schützen sich so vor ihnen. Dadurch kann es zu einer unkontrollierten Ausbreitung krankmachender Stämme kommen. Gegen viele weitere Krankheiten gibt es auch heute noch keine wirksamen Arzneimittel. Neue Wirkstoffe zu identifizieren und weiterzuentwickeln ist daher eine der Hauptaufgaben der heutigen pharmazeutischen Forschung. Eine große Bedeutung kommt dabei Naturstoffen zu, die beispielsweise von Bakterien, Pilzen oder Pflanzen produziert werden: Viele von ihnen haben eine biologische Wirkung, die manchmal für die Medizin genutzt werden kann. Allerdings ist es nur selten möglich, ausreichende Mengen dieser Substanzen aus ihrer natürlichen Quelle zu gewinnen.
Ein vielversprechender Weg zur Lösung dieses Problems ist es, die entdeckten Substanzen im Labor selbst zu synthetisieren. Um die gewonnene Menge zu erhöhen, kommt es unter anderem auf die richtigen Reaktionsbeschleuniger an, die Katalysatoren. Fürstner und seinen Kollegen am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung ist es in den letzten Jahren gelungen, eine ganze Reihe solcher Katalysatoren zu entwickeln und für die Synthese zahlreicher Naturstoffe nutzbar zu machen. In der jüngeren Vergangenheit gelang es ihnen beispielsweise, das hochgiftige Makrolid Iejimalid durch eine katalysierte Reaktion herzustellen und anschließend biologisch zu untersuchen. Seine Arbeiten haben so einen erheblichen Beitrag zur Entwicklung einer Vielzahl neuer Wirkstoffe geleistet. Dabei kooperiert er eng mit akademischen Partnern oder der pharmazeutischen Industrie.
Fürstner ist der 20. Träger des renommierten Preises, der seit 1994 in Gedenken an den verstorbenen Chemiker Prof. Hans Herloff Inhoffen verliehen wird. „Als Grenzgänger zwischen den Disziplinen ist die Verleihung der Inhoffen-Medaille für mich eine ganz besondere Ehre“, sagt Fürstner. „Die Liste der früheren Preisträger macht bescheiden und dankbar zugleich.“ Bevor er von 1993 bis 1998 zunächst als Arbeitsgruppenleiter und anschließend als Direktor am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung arbeitete, studierte der gebürtige Österreicher in Graz und Genf Chemie.
Wie in jedem Jahr wird es neben verschiedenen Festreden und einer Laudatio auch einen Vortrag des Preisträgers geben. Während der Veranstaltung wird neben der Inhoffen-Medaille auch erneut der Förderpreis des Fördervereins des HZI verliehen.
Foto- und Interview-Termin
Im Vorfeld der Veranstaltung besteht um 14:30 Uhr für Medienvertreter die Möglichkeit, die Preisträger zu treffen und zu fotografieren. Nähere Auskünfte erhalten Sie unter der Telefonnummer 0531 61811403.
Hans Herloff Inhoffen und die gleichnamige Medaille
Zum Gedenken an den 1992 verstorbenen Chemiker Prof. Hans Herloff Inhoffen veranstalten die TU Braunschweig und das HZI seit 1994 regelmäßig die Inhoffen-Vorlesung, bei der der gleichnamige Preis vergeben wird. Inhoffen lehrte von 1946 bis 1974 an der TH Braunschweig und amtierte dort von 1948 bis 1950 als Rektor. Inhoffen gründete darüber hinaus im Jahr 1965 das „Institut für Molekulare Biologie, Biochemie und Biophysik“ (IMB), das Vorläufer-Institut der GBF und damit auch des HZI.