Das Clinical Research Center Hannover (CRC Hannover) ist heute im "Medical Park" offiziell eingeweiht worden. Das Fraunhofer-Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin ITEM, die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) und das Braunschweiger Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) bieten hier erstmals gebündelt ihre medizinische Expertise bei frühen klinischen und epidemiologischen Studien an.
Von außen erinnert der treppenförmig aufsteigende, viergeschossige Neubau eher an ein Hotel als an eine klinische Einrichtung: Höfe, Atrien, grüner Garten und Terrassen, innen natürliches Tageslicht und Freizeitmöglichkeiten wie Kino und Fitnessraum. Doch das CRC ist kein Hotel. Es ist eine wichtige Schnittstelle zwischen der Grundlagenforschung und der Marktzulassung von neuen Medikamenten und Medizinprodukten – im Fachjargon »Translationsforschung«. Im Fokus stehen neue Konzepte für frühe klinische Studien der Phasen I und IIa. Hier kommen neue Arzneimittel und Medizinprodukte erstmals an Probanden und Patienten zum Einsatz, um die Wirkung und Nebenwirkungen auf den Menschen zu untersuchen. Die Ergebnisse der Studien sind entscheidend dafür, ob ein neues Medikament oder Medizinprodukt zugelassen wird oder nicht. Das CRC zeichnet sich insbesondere durch seine Größe, die Qualität der angebotenen Leistungen und Geräte sowie durch den Zusammenschluss von wissenschaftlichem, medizinischem und epidemiologischem Know-how aus.
Standortvorteil für Niedersachen und Deutschland
Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil, Hannovers Oberbürgermeister Stefan Schostok und der Vorstand der Fraunhofer-Gesellschaft für den Bereich Finanzen, Controlling und IT, Prof. Alfred Gossner, sprachen bei der heutigen Einweihung die Grußworte.
Weil sagte zur Einweihung, das CRC sei als Studienzentrum für die medizinische Forschung bundesweit einmalig. Mit ihrem Zusammenschluss hätten die Forschungseinrichtungen in Hannover und Braunschweig eine exzellente Infrastruktur geschaffen.
Schostok: „In Hannover arbeiten gleich mehrere Hochschulen erfolgreich im Bereich der Translationsforschung. Mit dem Clinical Research Center ist nun ein wichtiger Eckstein zur Profilierung Hannovers als internationaler Wissenschaftsstandort hinzugekommen.“
„Als größte europäische Organisation für anwendungsorientierte Forschung ist Fraunhofer auch eine Institution für medizinische Translationsforschung. Mit dem Gemeinschaftsprojekt CRC greift das ITEM auf starke Partner zurück und baut diesen Forschungsbereich weiter aus. Insbesondere die deutsche Pharma- und Medizinbranche wird von dem neuen Zentrum profitieren. Aber auch internationale Auftraggeber aus Industrie und öffentlicher Hand können die neuen einzigartigen Möglichkeiten bei der frühen klinischen Forschung nutzen“, sagte Prof. Gossner.
Forschung in frühen Phasen der Arzneimittelentwicklung
6000 Quadratmeter groß ist das CRC. Es steht direkt neben dem Gebäude des Fraunhofer ITEM, in unmittelbarer Nähe zur MHH. Das Zentrum verfügt über einen Bereich für Voruntersuchungen und ambulante Studien sowie insgesamt 50 Überwachungs- und Übernachtungsbetten für die Probanden. Der Betrieb läuft bereits: Seit Juli testet hier das Fraunhofer ITEM ein neues Nasenspray gegen Heuschnupfen. Dabei kommt auch der Pollenraum des Instituts zum Einsatz. Insbesondere bei Atemwegserkrankungen wie Heuschnupfen, Asthma oder Raucherhusten sind die ITEM-Wissenschaftler führend.
Forschungsaktivitäten der MHH
Die MHH startet im CRC mit einer vom Institut für Klinische Pharmakologie initiierten Studie, die darauf abzielt, die Wirkung eines neuartigen Diabetesmedikaments auf die Herzfunktion zu untersuchen. Weitere klinische Prüfungen in enger Kooperation mit der Klinik für Augenheilkunde, sowie Studien in den frühen Entwicklungsphasen I und II gemeinsam mit der Klinik für Neurologie, sowie der Klinik für Immunologie und Rheumatologie stehen unmittelbar vor ihrer Initiierung.
„Durch den Zusammenschluss von exzellenten Forschungsinstitutionen und einer führenden medizinischen Hochschule können wir unterschiedlichste klinische Studien durchführen und ein weites Spektrum an diagnostischen und bildgebenden Verfahren anbieten“, sagte Prof. Norbert Krug. Er ist Koordinator des CRC und als Medizinischer Direktor einer der Leiter des Fraunhofer ITEM.
Deutschlands modernste Biobank und Imaging-Center im CRC
Auf 400 Quadratmetern entsteht im CRC unter der Federführung der MHH eine der modernsten Biobanken Deutschlands. Hier werden Biomaterialien von Patienten und Probanden unter hohen Qualitäts- und Sicherheitsstandards gelagert. Auf weiteren 500 Quadratmetern entsteht im CRC unter der Federführung der radiologischen Abteilungen der MHH ein Zentrum für Bildgebung. Ein erster Kernspintomograph ist bereits seit April in Betrieb und weitere Geräte werden folgen. „Das CRC schafft eine perfekte Basis für eine qualitativ exzellente, wissenschaftsbasierte und sichere Durchführung klinischer Studien. Bevorzugt dient das CRC der Prüfung von Medikamenten und Medizinprodukten, die in der frühen Phase der Entwicklung stehen. Somit bereitet es den Boden für dringend benötigte Innovationen in der Medizin, unter optimalen strukturellen Voraussetzungen. Zugleich symbolisiert es die Stärke der Kooperation der MHH mit zwei wichtigen außeruniversitären Forschungseinrichtungen, Fraunhofer ITEM und HZI“, so Prof. Christopher Baum, Präsident der MHH.
Langzeitstudie zur Untersuchung von Volkskrankheiten
Das HZI untersucht seit Mai erste Teilnehmer der Nationalen Kohorte im CRC. Deutschlands größte epidemiologische Bevölkerungsstudie soll Informationen liefern, um typischen Volkskrankheiten wie z.B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Diabetes, Demenz oder Infektionen besser frühzuerkennen, vorzubeugen und zu behandeln. Zusätzlich untersuchen die Forscher des HZI in Studien am CRC Infektionskrankheiten und Störungen des Immunsystems. „Das CRC ist ein gutes Beispiel für die enge Verzahnung der verschiedenen Forschungseinrichtungen in der Region: HZI, MHH und Fraunhofer ITEM forschen hier künftig gemeinsam im Dienste der Gesundheit“, sagte Prof. Dirk Heinz, wissenschaftlicher Geschäftsführer des HZI.