Chase Beisel
Chase Beisel, Leiter der HZI-Forschungsgruppe „Biologie synthetischer RNA“ am Helmholtz-Institut für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI) in Würzburg
Portrait

Der Gen-Tüftler

Chase Beisel widmet sich einem Forschungsthema, das wie kaum ein zweites die Gemüter bewegt: CRISPR-Cas. Dieses neue Genwerkzeug kann die Therapie von Krebs, AIDS oder Erbkrankheiten möglich machen.

Für Forscher wie Chase Beisel verbirgt sich hinter der kryptischen Bezeichnung CRISPR-Cas viel mehr als das ausgeklügelte System, mit dem sich Bakterien gegen Angriffe von Viren wehren: In ihm schlummern unzählige gentechnologische Möglichkeiten, die Beisel erschließen möchte. Sein Ziel ist es, die Vielfalt von CRISPR-Cas-Systemen zu verstehen, um sie zum Beispiel gegen genetische Erkrankungen oder multiresistente Erreger einsetzen zu können. Die gesellschaftliche Dimension seiner Forschung spielt für ihn dabei eine entscheidende Rolle: „CRISPR ist ein wunderbares Beispiel für Grundlagenforschung, die schon jetzt zu etwas geführt hat, das enorme Auswirkungen auf die Gesellschaft hat“, sagt er. „Allerdings dürfen wir bei gentechnologischen Methoden wie CRISPR nie den gesellschaftlichen Austausch vernachlässigen, denn am Ende bringt unsere Arbeit nichts, wenn die Gesellschaft nicht bereit ist, sie anzunehmen.“

Der US-Amerikaner Chase Beisel leitet seit Anfang 2018 die Forschungsgruppe „Biologie synthetischer RNA“ am Helmholtz-Institut für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI) in Würzburg, einem Standort des HZI in Kooperation mit der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Für den gelernten Chemieingenieur und Mikrobiologen gilt das Prinzip des französischen Forschers Louis Pasteur, einem Pionier der translationalen Grundlagenforschung: „Gemäß Pasteurs Ansatz bearbeite ich wissenschaftliche Problemstellungen, die gleichzeitig drängende Fragen der Gesellschaft beantworten.“

Eine Forscherkarriere war für Chase Beisel nicht von Anfang an klar. Als Teenager war sein erklärtes Ziel, professioneller Schlagzeuger zu werden. Auf Empfehlung seines Vaters entschied er sich aber doch für das Chemieingenieurwesen. Eine gute Wahl, wie er heute findet: „Als Chemieingenieur kann ich meine persönlichen Neigungen voll einbringen. Ich kann tüfteln, neuartige Lösungsansätze entwickeln, kreativ sein.“ Nach dem Studium promovierte er im Labor von Christina Smolke bei der Firma CalTech (USA) über RNA-Technologien. RNA-Moleküle sind Abschriften der genetischen Information und erfüllen eine Vielzahl von Aufgaben in jeder Zelle, unter anderem steuern sie regulatorische Prozesse. „Die Natur ist in der Lage, diese RNAs für ihre Zwecke einzusetzen, was uns Ingenieuren – wenn überhaupt – nur mit großer Mühe gelingt.“

Nach seiner Promotion im Jahr 2009 untersuchte Beisel als Postdoktorand im Labor von Gisela „Gigi“ Storz an den National Institutes of Health in Maryland, USA, die Eigenschaften regulatorischer RNAs und stieß auf einer Fachkonferenz schließlich auf das CRISPR-Cas-System, das ihn seitdem nicht mehr losließ.

Aktuell ist Beisel an einem internationalen Projekt beteiligt, das zum Ziel hat, Moskitos, die Überträger des Malaria-Erregers Plasmodium, genetisch zu verändern, um sie weniger empfänglich für eine Plasmodien-Infektion zu machen oder sie an der Vermehrung zu hindern. „Ich sehe dies als eine der größten Chancen von CRISPR, der Gesellschaft direkt zu nützen, denn davon können Millionen Menschen weltweit profitieren“, sagt Beisel.

Wenn auch die Karriere als Schlagzeuger der Forschung weichen musste, hat Chase Beisel die Musik nicht aufgegeben. Er hat immer Wege dafür gefunden, auch während er seine wissenschaftliche Karriere verfolgte, wie das Spielen der Djembe in seiner Kirchengemeinde. Und auch in Deutschland weiß er schon, wo er spielen kann. Anfang 2018, als er mit seiner Frau und den drei Töchtern den Sprung aus den USA nach Würzburg wagte, war ihm noch etwas mulmig. Doch bereut hat er diesen Schritt bisher keine Minute: „Es war wirklich einfach, neue Freunde zu finden und uns ein soziales Netzwerk aufzubauen.“

Autor: Nina-Vanessa Littwin

Veröffentlichung: November 2018

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Dr. Andreas Fischer
Wissenschaftsredakteur