Zellen, Viren und Bakterien bieten noch viele unentdeckte Angriffspunkte für Medikamente. Dasselbe gilt für die Signal-Moleküle des menschlichen Körpers. Für die Medikamentenentwicklung sind diese Angriffspunkte entscheidend. Wie kann man sie ausfindig machen? Welche Substanzen können auf sie einwirken, um Krankheitserreger zu blockieren, Tumorwachstum zu stoppen, Entzündungen einzudämmen? Diesen Fragen geht jetzt ein Verbund von Forschungszentren in ganz Deutschland nach. Mehrere Einrichtungen der Helmholtz-Gemeinschaft, Deutschlands größter Forschungsorganisation, und ihre Partner-Institute wollen Expertise und Technologien kombinieren, um neue Wirkstoffe für die Medizin schneller und effizienter zu entwickeln. Mit dabei: Das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig mit seiner Saarbrücker Außenstelle HIPS. Die Helmholtz-Gemeinschaft fördert das bundesweite Projekt mit jährlich bis zu 3,5 Millionen Euro im Rahmen des Paktes für Forschung und Innovation.
"Seit etwa 15 Jahren stellen wir fest, dass die Entwicklung neuer Medikamente gegen verbreitete Volkskrankheiten wie Krebs oder Infektionen ins Stocken geraten ist", sagt Dr. Ronald Frank, Koordinator des Wirkstoffforschungs-Verbundes. "Dabei steigen die Fallzahlen bei vielen solcher Erkrankungen an. Zugleich stehen wir ganz neuen Herausforderungen gegenüber: Krankheitserreger werden resistent gegen unsere klassischen Medikamente, demographische Veränderungen erfordern neue Therapiekonzepte."
Frank, der teils am HZI, teils am Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie (FMP) forscht, verspricht sich beträchtliche Synergie-Effekte von dem neuen Verbund: "Wir wollen die Expertise aller Partner zusammenführen, die anspruchsvollen Technologien gemeinsam nutzen und unsere Erfahrungen austauschen."
Die Wissenschaftler visieren dabei unter anderem Wirkstoffe an, die die Wechselwirkung zwischen Protein-Molekülen oder die Aktivität bestimmter Gene beeinflussen. Diese sollen schneller aufgefunden, getestet und für eine mögliche klinische Verwendung – zum Beispiel als Antiinfektiva – weiterentwickelt werden.
"Das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung hat langjährige Erfahrung mit der Erforschung von Wirkstoffen aus der Natur", erklärt Prof. Rolf Müller, Direktor des Helmholtz-Instituts für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) und Leiter der HZI-Abteilung "Mikrobielle Wirkstoffe". Hier wurden die im Erdreich vorkommenden Myxobakterien erstmals erfolgreich zur Produktion ihrer zahlreichen biologisch aktiven Stoffwechselprodukte eingesetzt und diese auf ihre Wirkung untersucht. Eine dieser Substanzen, das Epothilon, ist mittlerweile in den USA als Krebsmedikament in Gebrauch.
Die Partner
Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ); Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE); Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) mit dem Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS); Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (HMGU); Max-Delbrück-Zentrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch; Forschungszentrum Jülich (FZJ) mit den externen Partnern European Molecular Biology Laboratory (EMBL), Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie (FMP) und Technische Universität München – Department Chemie (TUM).
Das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung
Am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) untersuchen Wissenschaftler die Mechanismen von Infektionen und ihrer Abwehr. Was Bakterien oder Viren zu Krankheitserregern macht: Das zu verstehen soll den Schlüssel zur Entwicklung neuer Medikamente und Impfstoffe liefern. Das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig ist eine von der Bundesrepublik Deutschland und dem Land Niedersachsen gemeinsam finanzierte Forschungseinrichtung in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren. Aufgabe des Zentrums ist es, biomedizinische Forschung auf dem Gebiet der Infektionsbiologie sowie deren klinische Anwendung und praktische Umsetzung zu betreiben.
www.helmholtz-hzi.de
Das Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland
Das Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) ist eine Außenstelle des Helmholtz- Zentrums für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig und wurde gemeinsam mit der Universität des Saarlandes im Jahr 2009 gegründet. Wo kommen neue nachhaltige Wirkstoffe gegen weit verbreitete Infektionen her, wie kann man diese für die Anwendung am Menschen optimieren und wie werden sie am besten durch den Körper zum Wirkort transportiert? Auf diese Fragen suchen die Forscher am HIPS mit modernsten Methoden der Pharmazeutischen Wissenschaften Antworten. Weitere Informationen unter: www.helmholtz-hzi.de/HIPS.
Die Helmholtz-Gemeinschaft
Die Helmholtz-Gemeinschaft leistet Beiträge zur Lösung großer und drängender Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft durch wissenschaftliche Spitzenleistungen in sechs Forschungsbereichen: Energie, Erde und Umwelt, Gesundheit, Schlüsseltechnologien, Struktur der Materie sowie Luftfahrt, Raumfahrt und Verkehr. Die Helmholtz-Gemeinschaft ist mit über 31.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 17 Forschungszentren und einem Jahresbudget von rund 3,3 Milliarden Euro die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands. Ihre Arbeit steht in der Tradition des großen Naturforschers Hermann von Helmholtz (1821-1894).
www.helmholtz.de