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Ein Enzymtunnel in 3D

HZI-Wissenschaftler entdecken möglichen Ansatzpunkt für Tuberkulosetherapie

Hochaufgelöst und in 3D – Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig und der Universität Basel haben die Struktur des Enzyms EgtB aufgelöst. Einige Bakterien nutzen EgtB, um das Vitamin Ergothionein herzustellen, so auch das Tuberkulose hervorrufende Mycobacterium tuberculosis. Experimente mit eng verwandten Organismen deuten darauf hin, dass der Tuberkuloseerreger leichter vom Immunsystem besiegt werden kann, wenn ihm Ergothionein fehlt. Die Struktur von EgtB und seine Wirkweise veröffentlichten die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Angewandte Chemie“. Ihre Ergebnisse könnten zu einer neuen Tuberkulosetherapie beitragen.

Eine Substanz, deren Aufgabe noch nicht genau bekannt ist und für die sich Forscher so sehr interessieren, dass sie ihren genauen Syntheseweg entschlüsselt haben – das ist Ergothionein. Dabei handelt es sich um ein Vitamin, das von Pilzen sowie einigen Bakterien produziert wird und das wir Menschen mit der Nahrung aufnehmen. Auch der Tuberkuloseerreger Mycobacterium tuberculosis stellt Ergothionein her. Wissenschaftler haben an eng verwandten Mikroorganismen beobachtet, dass sich diese schlechter gegen Reaktionen des Immunsystems wehren können, wenn sie das Vitamin nicht mehr herstellen können. „Wenn es uns gelingt, Ergothionein oder seine Synthese in Mycobacterium tuberculosis zu hemmen, wäre das möglicherweise ein Ansatz für eine Tuberkulosetherapie“, sagt Prof. Wulf Blankenfeldt vom HZI. An der Lungenkrankheit Tuberkulose sind nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation im Jahr 2013 neun Millionen Menschen neu erkrankt.

Doch wo könnte ein solches Tuberkulosemedikament ansetzen? Um diese Frage zu beantworten, entschlüsselten die Forscher die dreidimensionale Struktur eines Enzyms, das Ergothionein herstellt. Dieses Enzym namens EgtB nutzt als Ausgangsstoffe Aminosäuren, die Bausteine unserer Proteine. Dabei verbindet es in einem zentralen Schritt ein Kohlenstoffatom mit einem Schwefelatom und heftet so zwei Aminosäuren aneinander. Dies tut es anders als bisher bekannte Enzyme: „Jedes Enzym hat ein sogenanntes aktives Zentrum, in dem die Ausgangsstoffe binden und in dem die Reaktion stattfindet“, sagt Allegra Vit, die EgtB im Rahmen ihrer Promotion am HZI in Zusammenarbeit mit der Gruppe von Prof. Florian Seebeck an der Universität Basel untersucht. „Unsere Experimente zeigen, dass das in einer der Aminosäuren enthaltene Schwefelatom direkt mit dem aktiven Zentrum von EgtB interagiert.“

Mittels der Methode der Röntgenkristallographie konnten die Wissenschaftler diesen Vorgang bis ins kleinste Detail auflösen und die Anordnung einzelner Atome bestimmen. Diese bilden eine Art Tunnel, der das aktive Zentrum enthält. Am Ende des Tunnels befindet sich ein Eisenatom, das für die enzymatische Aktivität von EgtB verantwortlich ist.

„Durch die detaillierte Analyse der Enzymstruktur und der Wechselwirkungen zwischen den Atomen des Enzyms und den Ausgangsstoffen haben wir die Wirkweise von EgtB entschlüsselt“, sagt Blankenfeldt. Gleichzeitig legt die Arbeit der Wissenschaftler den Grundstein für die Suche nach einem Stoff, der EgtB im Tuberkuloseerreger hemmen könnte. (Dr. Birgit Manno)

Originalpublikation:

Goncharenko, K. V., Vit, A., Blankenfeldt, W. and Seebeck, F. P. (2015), Structure of the Sulfoxide Synthase EgtB from the Ergothioneine Biosynthetic Pathway. Angew. Chem. Int. Ed., 54: 2821–2824. DOI: 10.1002/anie.201410045.