Elektronenmikroskopische Aufnahme von Staphylokokken auf HeLa-Zellen.
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Förderung für die Entwicklung eines Hemmstoffes gegen Krankenhauskeim

HZI-Verbundprojekt erhält Fördermittel von CARB-X, um bessere Medikamente gegen bakterielle Lungenentzündungen zu entwickeln

Lungenentzündungen sind die am häufigsten in Krankenhäusern erworbenen Infektionen. Der Erreger ist meist das Bakterium Staphylococcus aureus, das in vielen Fällen bereits Resistenzen gegen die häufig eingesetzten Antibiotika aufweist und dadurch schwer zu behandeln ist. Ein Team des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig möchte in Kooperation mit der Lead Discovery Center GmbH (LDC), einer Ausgründung der Max-Planck Innovation und der Max-Planck-Gesellschaft e.V., einen Wirkstoff weiterentwickeln, der die Staphylokokken daran hindert, die Lunge zu besiedeln. Dafür erhält das Forschungsteam nun eine Meilenstein-abhängige Förderung von der gemeinnützigen Vereinigung CARB-X (Combating Antibiotic-Resistant Bacteria Biopharmaceutical Accelerator) in Höhe von zunächst 1,33 Mio. US-Dollar, weitere 7,44 Mio. US-Dollar stellt CARB-X je nach Projektfortschritt in Aussicht.

Bakterien der Art Staphylococcus aureus gehören weltweit zu den häufigsten Erregern einer im Krankenhaus erworbenen Lungenentzündung. Mittlerweile haben sich multiresistente Stämme dieses Erregers über den gesamten Globus verbreitet. Sie sind gegen häufig verwendete Antibiotika resistent und gerade in entwickelten Ländern mit hohem Antibiotikaeinsatz eine große Herausforderung für das Gesundheitssystem. Durch die erschwerte Behandlung resistenter Erreger weisen im Krankenhaus erworbene bakterielle Lungenentzündungen auch bei adäquater Antibiotikatherapie eine hohe Sterblichkeitsrate von über 20 Prozent auf – unabhängig davon, ob die Erkrankten künstlich beatmet werden müssen oder nicht.

Ein Forschungsteam des HZI und LDC um Prof. Mark Brönstrup hat kürzlich hochwirksame niedermolekulare Wirkstoffe gefunden, die die Besiedlung der Lunge durch S. aureus hemmen können. Brönstrup leitet am HZI die Abteilung „Chemische Biologie“ und hat eine Professur des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) inne, die an der Leibniz Universität Hannover angesiedelt ist. Im nun von CARB-X geförderten Projekt wollen die Wissenschaftler die entdeckten Wirkstoffe in präklinischen Studien optimieren und anschließend in klinische Studien am Menschen überführen. „Wir freuen uns über die Förderung von CARB-X und die damit verbundene internationale Anerkennung unserer Wirkstoffforschung am HZI“, sagt Prof. Dirk Heinz, Wissenschaftlicher Geschäftsführer des HZI.

Auch für Mark Brönstrup ist die Förderung durch CARB-X ein wichtiger Schritt: „Für Patienten mit einer Lungenentzündung, die durch S. aureus verursacht wird, benötigen wir dringend bessere Behandlungsmöglichkeiten. Dies erreichen wir langfristig aber nicht allein durch das Abtöten der Erreger mit Antibiotika. Stattdessen bedarf es präventiver oder begleitender Therapien, die die Schädigung der Lunge durch bakterielle Toxine verhindern.“ Ein vielversprechender Ansatz, der bereits durch präklinische und klinische Daten mit monoklonalen Antikörpern validiert wurde, bestehe darin, die Bakterien zu entwaffnen anstatt sie abzutöten. Dazu blockieren die Wissenschaftler das wichtigste Werkzeug der Bakterien für die Schädigung von Lungengewebe und Immunzellen – den Virulenzfaktor α-Hämolysin. So lässt sich das Fortschreiten der Infektion aufhalten, bis das Immunsystem oder eine passende Antibiotikatherapie die Bakterien beseitigt. In der ersten Projektphase, die aus dem Validierungsfonds der Helmholtz-Gemeinschaft finanziert wurde, hatte das Forschungsteam des HZI und LDC bereits hochwirksame niedermolekulare Hemmstoffe von α-Hämolysin identifiziert. Im nun geförderten Projekt sollen diese Hemmstoffe nun zur Prophylaxe und Behandlung von Lungeninfektionen mit S. aureus weiterentwickelt und bis zu einem ersten Einsatz in klinischen Studien in einer Phase 1 optimiert werden.

„Mithilfe der CARB-X-Förderung kann die Translation von herausragenden akademischen Ergebnissen in die Anwendung erfolgreich fortgeführt werden“, sagt LDC-Geschäftsführer Dr. Bert Klebl. „Wir freuen uns auf die nächste Phase in dieser engen Kooperation mit dem HZI, in der wir das α-Hämolysin-Inhibitorprojekt mit ganzer Kraft vorantreiben werden, um einen neuen Wirkstoff zur Behandlung von Patienten mit resistenten S. aureus-Infektionen zu entwickeln.

Über CARB-X:

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) beteiligt sich seit Anfang 2019 an der CARB-X-Initiative. CARB-X ist eine internationale öffentlich-private Partnerschaft mit Sitz in Boston (US) mit dem Ziel, die Entwicklung neuer Antibiotika, Impfstoffe und Diagnostika gegen arzneimittelresistenten Bakterien voranzutreiben. Projekte im CARB-X-Portfolio stellen die weltweit größte präklinische und frühe Entwicklungspipeline von Antibiotika, anderen Therapeutika, Diagnostika und Impfstoffen dar. Seit der Gründung von CARB-X im Juli 2016 hat das Unternehmen rund 260 Millionen US-Dollar in 75 Projekte auf der ganzen Welt investiert. Über einen Zeitraum von vier Jahren fördert Deutschland die CARB-X-Initiative mit 39 Millionen Euro. Zusätzlich zur direkten Förderung stellt das BMBF im nationalen Maßstab dem sogenannten „CARB-X-Accelerator“ 1 Million Euro bereit. In diesem kooperieren das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung (DZIF), das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und das Paul-Ehrlich-Institut (PEI). DZIF berät und begleitet aktiv deutsche akademische Arbeitsgruppen auf dem Weg in eine erfolgreiche CARB-X-Förderung und übernimmt eine Beraterfunktion für internationale Firmen bzw. Arbeitsgruppen im bereits bestehenden CARB-X-Portfolio. BfArM und PEI tragen unterstützend insbesondere bei regulatorischen Fragestellungen bei. 2020 wurden erstmals zwei deutsche akademische Projekte für eine CARB-X-Förderung nominiert. https://carb-x.org/

Die in dieser Pressemitteilung beschriebene Forschung wird durch die Kooperationsvereinbarung Nr. IDSEP160030 von ASPR/BARDA und durch Fördergelder des Wellcome Trust, des deutschen Bundesministeriums für Bildung und Forschung und den UK Global Antimicrobial Resistance Innovation Fund (GAMRIF) unterstützt, die von CARB-X verwaltet werden. Der Inhalt liegt in der alleinigen Verantwortung der Autoren und gibt nicht notwendigerweise die offiziellen Ansichten des Department of Health and Human Services Office des Assistant Secretary for Preparedness and Response, anderer Geldgeber oder von CARB-X wieder.

Das Lead Discovery Center:

Die Lead Discovery Center GmbH wurde 2008 von der Technologietransfer-Organisation Max-Planck-Innovation und der Max-Planck Gesellschaft e.V.  gegründet, um das Potenzial exzellenter Grundlagenforschung für die Entwicklung neuer, dringend benötigter Medikamente besser zu nutzen. Das Lead Discovery Center nimmt vielversprechende Projekte aus der akademischen Forschung auf und entwickelt sie typischerweise bis zu pharmazeutischen Leitstrukturen mit „Proof-of-Concept“ in Modellsystemen und zu Entwicklungskandidaten weiter. In enger Zusammenarbeit mit führenden Partnern aus Forschung und Industrie entwickelt das Lead Discovery Center ein umfangreiches Portfolio an Projekten im Bereich niedermolekularer Wirkstoffe sowie therapeutische Antikörper mit außergewöhnlich hohem medizinischem und kommerziellem Potenzial.

Das Lead Discovery Center unterhält strategische Partnerschaften mit der Max-Planck-Gesellschaft e.V. und dem Technologietransfer-Fonds KHAN-I GmbH & Co.KG. LDC arbeitet außerdem weltweit mit industriellen Partnern wie Apeiron, AstraZeneca, Bayer, Boehringer Ingelheim, Daiichi Sankyo, Merck KGaA, Qurient, mit Venture Capital Firmen (Arix Bioscience, Medicxi, usw.) sowie mit führenden Zentren für Wirkstoffforschung zusammen. www.lead-discovery.de