Mit Mathematik Vorhersagen über die Biologie zu treffen: Das ist das Ziel des "Braunschweig Integrated Centre for Systems Biology" – kurz BRICS. Das Forschungszentrum wird als gemeinsame Einrichtung des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) und der Technischen Universität Braunschweig gegründet. Für das BRICS baut die TU Braunschweig mit Unterstützung des Landes Niedersachsen ein neues Gebäude. Die Unterzeichnung des Vertrags über diese Zusammenarbeit war heute Anlass für die Niedersächsische Wissenschaftsministerin Prof. Johanna Wanka, dem jungen Zentrum einen Besuch abzustatten.
„Wir schaffen die Möglichkeit, komplexe biologische Prozesse mit Hilfe der Mathematik zu berechnen. Die verkürzte Forschungszeit vom Molekül bis zum fertigen Pharmaprodukt kommt den Patienten zugute. BRICS stärkt die Position Niedersachsens bei den Lebenswissenschaften und passt gut in das Profil der Wissenschaftsstadt Braunschweig“, betont Ministerin Wanka.
"Das neu entstehende Systembiologiezentrum wird künftig die Voraussetzung schaffen, komplexe Zusammenhänge in der biologischen Forschung durch Modellierung und Simulation besser zu verstehen. Die daraus entwickelten Vorhersagen können dann im Labor experimentell überprüft werden. Dabei ergänzen sich die Forschungsschwerpunkte des HZI und der TU Braunschweig in idealer Weise, und das bald unter einem gemeinsamen Dach”, sagt Prof. Dirk Heinz, Wissenschaftlicher Geschäftsführer des HZI."
Tradition der Zusammenarbeit in der Forschungsregion Braunschweig
„Das BRICS wird ein neues, weithin sichtbares Forschungszentrum. Es steht für die Tradition der engen Zusammenarbeit zwischen den Universitäten und Forschungseinrichtungen in unserer Region. Mit dem Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung hat die TU Braunschweig schon immer eng zusammengearbeitet. Der neue Rahmenkooperationsvertrag macht aber das BRICS nicht nur formell möglich. Er sichert auch die grundsätzliche Kooperation zwischen uns, die bei weitem nicht nur auf die Arbeit im künftigen BRICS-Gebäude beschränkt sein wird", erklärt TU-Präsident Prof. Jürgen Hesselbach.
Das BRICS vereint Naturwissenschaftler verschiedenster Disziplinen sowie Ingenieure, um in enger Kooperation Fragen aus der Gesundheitsforschung mit Methoden der Systembiologie zu beantworten. Ziel der Forschung ist es neue Medikamente, Therapien und Strategien gegen Krankheitserreger zu entwickeln. Das BRICS ist damit auch ein wichtiger Baustein der Translationsallianz Niedersachsen (TRAIN).
Überraschende Ergebnisse durch ganzheitliche Betrachtung
Systembiologie ist ein moderner Zweig der Biowissenschaften. Sie möchte das Verhalten biologischer Systeme – Zellen, Gewebe, Organe oder Organismen – in ihrer Gesamtheit verstehen. Um dies zu erreichen, werden alle relevanten biologischen Daten experimentell ermittelt, mithilfe der Bioinformatik ausgewertet und schließlich in mathematische Modelle eingebunden. Durch wiederholte experimentelle Überprüfung und Anpassung der theoretischen Modelle erhält man ein tiefergehendes Verständnis der zugrunde liegenden biologischen Prozesse.
„Die Systembiologie bringt uns zu ganz unerwarteten neuen Therapie-Ansätzen“, erklärte Prof. Dieter Jahn, Sprecher des BRICS-Vorstands. „Wir haben zum Beispiel in einem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekt mit Biotechnologen, Mikrobiologen und Chemikern gemeinsam Harnwegsinfektionen systembiologisch untersucht. Dabei zeigte sich, dass die Krankheitserreger während der Infektion von ganz bestimmten Nährstoffen abhängen. Liefert man ihnen diese Nährstoffe, ändern sie während des Experiments ihr Verhalten und sind offensichtlich nicht mehr krank machend. Zu diesem erstaunlichen Ergebnis sind wir nur durch die ganzheitliche Betrachtung der Systembiologie gekommen.“
Forschungsbau am Rebenring
Das neue Gebäude entsteht auf dem Campus der TU Braunschweig am Rebenring in direkter Nähe zum Haus der Wissenschaft. Das Land Niedersachsen finanziert gemeinsam mit der TU Braunschweig diesen Neubau mit insgesamt 26 Millionen Euro. Auf vier Etagen werden experimentelle Labore und theoretisch arbeitende Gruppen Platz finden. Einen zweiten Standort erhält das BRICS auf dem Campus des HZI.