Hepatitis B Infektionen gehören zu den häufigsten Infektionskrankheiten weltweit. Die Krankheit kann sowohl akut, als auch chronisch verlaufen und zählt im Falle eines chronischen Verlaufs zu den bedeutendsten Ursachen von schwerwiegenden Erkrankungen wie Leberkrebs. Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig haben nun im Rahmen einer von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) geförderten internationalen Studie herausgefunden, in welchen Ländern die chronische Infektion wie häufig auftritt und wie viele Menschen in der Allgemeinbevölkerung hiervon betroffen sind. Dabei stellten sie starke Unterschiede zwischen einzelnen Ländern fest. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie im Fachmagazin The Lancet.
Trotz der Existenz einer wirksamen Schutzimpfung gegen das Hepatitis B Virus sterben viele Menschen weltweit aufgrund einer durch eine chronische Hepatitis B Infektion verursachten Zirrhose oder Leberkrebserkrankung. Die Anzahl der Infizierten ist dabei noch deutlich höher. „Unseren Schätzungen zufolge leben weltweit rund 248 Millionen Menschen mit einer chronischen Hepatitis B Virus Infektion“, sagt Dr. Jördis J. Ott, Wissenschaftlerin in der Abteilung Epidemiologie am HZI.
Ott und ihre Kollegen haben das Auftreten chronischer Hepatitis B, die sogenannte Prävalenz, für 161 Länder auf Basis aller zu diesem Thema publizierten Studien bestimmt. „Während der Anteil an chronisch Infizierten in einigen Ländern bei nur 0,01 Prozent der Allgemeinbevölkerung liegt, übersteigt er unseren Ergebnissen zufolge in anderen Ländern die 20 Prozent“, sagt Ott. Vor allem in Teilen Afrikas sowie einkommensschwächeren Ländern in anderen Regionen sind viele Menschen von chronischer Hepatitis B betroffen.
Darüber hinaus suchten die Wissenschaftler auch nach Hinweisen, wie sich das Auftreten von Hepatitis B Infektionen zwischen den Untersuchungszeiträumen 1957-1989 und 1990-2013 veränderte. Dabei ließ sich in den meisten Ländern und auch im weltweiten Mittel ein leichter Rückgang beobachten. Ein Zusammenhang zur 1992 ausgesprochenen universellen Impfempfehlung durch die Weltgesundheitsorganisation ist zwar naheliegend, die genauen Gründe für Änderungen müssen in weiteren Studien allerdings erst erforscht werden.
Die Resultate machen deutlich, dass chronische Hepatitis B Virus Infektionen trotz vorhandener Impfstoffe und Behandlungsmöglichkeiten ein großes globales Gesundheitsproblem sind, vor allem in Ländern, welche allgemein mit einer Vielzahl von Infektionskrankheiten konfrontiert sind und in welchen Infektionsschutzmaßnahmen fehlen. „Es handelt sich hierbei um die bislang umfangreichste systematische Analyse zu diesem Thema und die Ergebnisse zeigen eindeutig, wie hoch die weltweite Krankheitslast durch Hepatitis B ist“, sagt Prof. Dirk Heinz, Wissenschaftlicher Direktor des HZI.
Auch für Prof. Gérard Krause, Leiter der Abteilung Epidemiologie, ergibt sich aus der Studie direkter Handlungsbedarf: „Wir müssen also dringend daran arbeiten, dass die Präventionsmaßnahmen besser greifen. Zumal das Problem in Hochrisikogruppen, wie beispielsweise bei Drogensüchtigen, erwartungsgemäß noch schwerwiegender ist“, sagt Krause.
Konkrete Maßnahmen sind deshalb unbedingt notwendig. „So ist es beispielsweise sehr wichtig gefährdete Neugeborene direkt nach der Geburt zu impfen um zu verhindern, dass die Erkrankung chronisch wird“, sagt Ott. Außerdem müssen verfügbare Therapiemöglichkeiten breiter zugänglich gemacht werden und grundlegende Vorbeugemaßnahmen wie die Sicherheit von Blutprodukten weltweit eingeführt werden.
Das HZI als eine Einrichtung des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) wird auch zukünftig die Infektionsepidemiologie noch stärker in den Fokus nehmen. Der Standort Hannover/Braunschweig koordiniert den Forschungsschwerpunkt Hepatitis im DZIF.
Originalpublikation:
Aparna Schweitzer, Johannes Horn, Prof. Rafael T Mikolajczyk, Prof Gérard Krause, Dr Jördis J Ott. Estimations of worldwide prevalence of chronic hepatitis B virus infection: a systematic review of data published between 1965 and 2013. The Lancet 2015 Jul 28. DOI:10.1016/S0140-6736(15)61412-X