Die mit fünf Millionen Euro dotierte Humboldt-Professur, eine der begehrtesten Forschungs-Auszeichnungen in Deutschland, wird in diesem Jahr unter anderem an Prof. Emmanuelle Charpentier vergeben. Die französische Mikrobiologin forscht am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) und lehrt an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Mit ihrem Schwerpunkt, Regulation in der Infektionsbiologie, wird sie den Forschungsstandort Braunschweig-Hannover im internationalen Wettbewerb stärken.
Wie geben Bakterien Antibiotikaresistenzen weiter? Wie steuern sie ihre Verteidigung gegen das Immunsystem und passen sich an Umweltbedingungen an? Die Forschungsthemen von Emmanuelle Charpentier haben einen gemeinsamen Nenner: Sie untersucht Regulationsmechanismen, die bei Infektionsprozessen eine Rolle spielen. Die Wissenschaftlerin leitet seit Dezember 2012 eine Forschungsabteilung am HZI, das der größten Wissenschaftsorganisation in Deutschland angehört, der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren. Gleichzeitig hält sie eine Professur an der MHH, einer der größten forschungsorientierten medizinischen Hochschulen des Landes.
Bei ihren beruflichen Stationen in Frankreich, den Vereinigten Staaten, Österreich und Schweden forschte Charpentier an renommierten Einrichtungen wie dem Institut Pasteur und der Rockefeller University. Dass sie vor kurzem nach Braunschweig-Hannover wechselte, sehen Fachkollegen als großen Gewinn für die regionale und nationale Forschungslandschaft.
"Emmanuelle Charpentiers Arbeit hat das Potenzial, grundlegende neue Erkenntnisse über entscheidende Prozesse im Infektionsgeschehen beizusteuern", erklärt Prof. Dirk Heinz, Wissenschaftlicher Geschäftsführer des HZI. "Die Humboldt-Professur ist eine der höchsten Ehrungen, die in Deutschland an Forscher vergeben werden können. Wir sind sehr stolz darauf, dass Frau Charpentiers wissenschaftliche Leistung von der Alexander von Humboldt-Stiftung auf diese Weise gewürdigt worden ist." Gemeinsam mit Charpentier erhielten jetzt drei weitere Spitzenforscher die begehrte Auszeichnung.
"Es ist uns ein wichtiges Anliegen, Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung in die klinische Anwendung zu bringen", sagt MHH-Präsident Prof. Christopher Baum. "Die exzellente Forschung von Emmanuelle Charpentier bietet hierfür bedeutende Chancen. Die neue Humboldt-Professur unterstreicht die intensive Zusammenarbeit von MHH und HZI auf dem Gebiet der Infektionsforschung." Translationsforschung soll Charpentier langfristig am Twincore betreiben, einem gemeinsam von MHH und HZI gegründetem Zentrum, in dem Grundlagenforscher und klinische Mediziner eng zusammenarbeiten.
Charpentier erforscht insbesondere Regulationsmechanismen in den Zellen einer bestimmten Gruppe von Mikroorganismen, der gram-positiven Bakterien. Zu ihnen gehören beispielsweise Streptokokken und Staphylokokken, die schwere akute und chronische Infektionen hervorrufen können. Charpentiers Forschung hat dazu beigetragen, dass wir heute besser verstehen, wie Bakterien Resistenzen entwickeln, so dass sie mit herkömmlichen Antibiotika nicht mehr bekämpft werden können. Außerdem entdeckte sie wichtige molekulare Regelkreise in der Bakterien-Zelle - sie zu kennen, eröffnet Wissenschaftlern die Möglichkeit, gezielt in den Lebenszyklus des Bakteriums einzugreifen.
Insbesondere interessiert Charpentier, wie Ribonukleinsäuren (RNA) und Proteine, zwei wichtige Grundbausteine der Zelle, funktionieren und auf welche Weise sie zusammenarbeiten, um die Aktivität der Gene zu regulieren. Sie ist Mitentdeckerin eines rudimentären "Immunsystems" in Bakterien, das diesen erlaubt, sich gezielt gegen Viren zur Wehr zu setzen. Das Ziel der Wissenschaftlerin ist es, das Zusammenspiel dieser Biomoleküle während einer Infektion besser zu verstehen und so die Voraussetzung für die Entwicklung maßgeschneiderter Therapien zu schaffen.
Die Alexander von Humboldt-Professur ist mit bis zu fünf Millionen Euro der höchstdotierte internationale Preis für Forschung in Deutschland. Er wird von der Alexander von Humboldt-Stiftung vergeben und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert und dient dem Ziel, den Wissenschaftsstandort Deutschland für ausländische Spitzenforscher im internationalen Wettbewerb attraktiver zu machen. Die Auszeichnung soll es herausragenden Forschern ermöglichen, langfristig an deutschen Hochschulen und Forschungseinrichtungen zu forschen. Jährlich werden bis zu zehn Preise verliehen. Die Preisverleihung wird 2014 in Berlin stattfinden.