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Das HZI-Projekt PROTON unter der Leitung von Prof. Mark Brönstrup erhält eine Förderung von ca. 890.000 Euro vom IBT Lower Saxony. Teammitglieder (v.l.n.r.): Lennart Rösner, Aditya Shekhar, Mark Brönstrup und Christopher Hinze.
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IBT Lower Saxony: Inkubator für biomedizinische Innovation vergibt über 1,6 Millionen Euro Finanzierung

Gefördertes HZI-Projekt „PROTON“ entwickelt Technologie gegen Infektionen mit Staphylococcus aureus

Gestern hat das Leuchtturmprojekt des Landes Niedersachsen seinen neuesten Meilenstein erreicht: Bei der zweiten Portfolio-Konferenz des Institute for Biomedical Translation (IBT) Lower Saxony hat eine hochkarätig besetzte Jury Projekte des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung und der Medizinischen Hochschule Hannover ausgewählt, die eine Finanzierung von über 1,6 Millionen Euro erhalten. Insgesamt stehen dem IBT Lower Saxony 25 Millionen Euro bis 2028 zur Verfügung, um den Transfer von Spitzenforschung in den Lebenswissenschaften in Niedersachsen zu beschleunigen und in Form von Startups und unternehmerischen Ideen in die Welt zu tragen.

Neue Startup-Ideen werden mit über 1,6 Millionen Euro angeschoben

Jeweils drei Projekte der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) und des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig haben ihre vielversprechenden Ideen mit Aussicht auf Skalierung und Kommerzialisierung im Rahmen des gestrigen Events präsentiert. Die Teams von Prof. Mark Brönstrup (HZI – Projekt ‘PROTON’) und Dr. Verena Scheper (MHH – Projekt ‘Bacta Implants’) dürfen sich nun als Gewinner freuen: Das Projekt PROTON erhält eine Förderung von ca. 890.000 Euro und entwickelt eine Technologie, die die Verhinderung von gefährlichen Infektionen ermöglicht. Im Fokus der Forschung steht der Pathobiont Staphylococcus aureus, der die Haut und Schleimhäute von etwa 20 % der Bevölkerung besiedelt. S. aureus kann Immunreaktionen unterdrücken, Gewebe zerstören und Komplikationen wie Haut-, Lungen- und Blutbahninfektionen verursachen. Das Projekt Bacta Implants erhält eine Förderung von ca. 770.000 Euro und entwickelt Implantate für menschliche Langzeittherapie. Diese Implantate, die speziell an die individuelle Anatomie des Patienten angepasst sind, ermöglichen die gezielte Abgabe von Wirkstoffen in schwer zugängliche Bereiche, um Hörstürze effektiv zu behandeln.

Thomas Sommer vor Plenum.
IBT-Geschäftsführer Prof. Thomas Sommer bei der zweiten Portfolio-Konferenz des Institute for Biomedical Translation (IBT) Lower Saxony.

"Mit dem IBT Lower Saxony haben wir eine Plattform geschaffen, die zur idealen Zeit gestartet ist. Hier treffen unterschiedliche Expertisen aufeinander, um gemeinsam innovative Lösungen zu entwickeln und diese zügig zur Marktreife zu bringen", sagt Prof. Thomas Sommer, Geschäftsführer des IBT Lower Saxony. 

Die neun vorgestellten Projekte decken eine große Bandbreite von biomedizinischen Innovationen in den Bereichen Gentherapie, Immunologie, Infektionsforschung, Neurowissenschaften, Wirkstoffentwicklung und Zellbiologie ab. Eine hochkarätige Jury mit führenden Vertreter:innen der Forschung und Industrie, unter anderem Dr. Matthias Evers (Chief Business Officer, Evotec), Prof. Peter Hammann (Consultant Antibiotics/Natural Products Research), Prof. Stefan Meuer (Former Executive Director, Institute of Immunology, University Hospital Heidelberg), Prof. Helga Rübsamen-Schaeff (Founder and Member of the Supervisory Board of AiCuris AG), Dr. Sven Wagner (Head of Business Development, Sartorius) hat das Gewinner-Projekt ausgewählt.

Den neu geförderten IBT-Projekten steht eine Förderung von über 1,6 Millionen Euro für eine Laufzeit von zwei Jahren zur Verfügung. In der ersten Phase der Förderung durch das IBT erfolgt die zügige wissenschaftliche und marktorientierte Weiterentwicklung, damit aus einer Forschungsidee eine Geschäftsidee wird und mit einem fundierten Businessplan zeitnah eine Unternehmensgründung erfolgen kann. Danach liegt der Fokus auf der Aufnahme der Geschäftstätigkeit sowie darauf, weitere externe Finanzierung zu ermöglichen.

Nach der zweiten erfolgreichen Veranstaltung blickt das IBT bereits voraus: Das nächste öffentliche Startup-Ideen-Event findet am 27. November 2024 in Göttingen statt. Weitere Informationen zur ersten niedersachsenweiten Ausschreibung, die noch bis zum 2. September läuft, können der Webseite der Initiative entnommen werden.

Über IBT Lower Saxony

Niedersachsen zählt zu Deutschlands führenden Standorten für biomedizinische Forschung. Trotz der international anerkannten Forschungsstärke des Landes finden die gewonnenen Erkenntnisse jedoch noch zu selten oder zu langsam ihren Weg in die medizinische Anwendung. Deshalb wurde das IBT Lower Saxony als Leuchtturmprojekt des Landes Niedersachsen ins Leben gerufen. Es unterstützt die Gründung neuer Startups im Bereich der biomedizinischen Forschung, zieht erfolgreiche Unternehmen und Investoren an und stärkt die regionale Wirtschaft und macht sie international sichtbar.

Mit dem IBT Lower Saxony wird ein Fast Track für die Biomedizin in Niedersachsen geschaffen: Innovative Ideen erhalten im IBT nicht nur attraktive Finanzierungsoptionen, sondern Zugang zur gesamten erstklassigen Infrastruktur und Expertise unseres gemeinsamen Ökosystems. Kernziel ist die möglichst schnelle Überführung von Forschungsergebnissen in neue präventive, diagnostische und therapeutische Verfahren.

Die Kooperation wurde von drei führenden wissenschaftlichen Einrichtungen der Region initiiert: Gründungspartner sind die Medizinische Hochschule Hannover, die Universitätsmedizin Göttingen und das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig. Die Startfinanzierung von 25 Millionen Euro zwischen 2023 und 2028 wird vom niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur und der VolkswagenStiftung zur Verfügung gestellt.

In der Pilotphase des IBT Lower Saxony wurden im Rahmen von zwei Ausschreibungen bereits die Mechanismen des ambitionierten Inkubators erprobt und optimiert. Die vorgestellten Projekte der drei Gründungseinrichtungen decken eine große Bandbreite von Innovationen in den Bereichen Gentherapie, Immunologie, Infektionsforschung, Neurowissenschaften, Wirkstoffentwicklung und Zellbiologie ab. Das Pilotprojekt des IBT mit Fokus auf die Behandlung von chronischen Nierenerkrankungen wurde im Juni 2023 mit einer Finanzierung von 1,5 Millionen Euro gestartet.

Weitere Informationen über das IBT Lower Saxony finden Sie auf unserer Webseite: www.ibt-ls.de

Übersicht der Finalisten

Citrapeutics (HZI): Citrapeutics wird entscheidende Schritte zur Entwicklung oral verfügbarer Medikamente unternehmen, die die Immunität wiederherstellen und die Zellproliferation bei Krebs hemmen, indem sie ein neuartiges therapeutisches Ziel, das Enzym cis-Aconitat-Decarboxylase (ACOD1), hemmen.

DeKox (HZI): Infektionen im Zusammenhang mit dem Gesundheitswesen, insbesondere solche, die durch antibiotikaresistente Bakterien verursacht werden, sind weltweit eine der Hauptursachen für Morbidität und Mortalität. Da die menschliche Mikrobiota ein Reservoir für diese Bakterien ist, haben wir einen innovativen Ansatz auf Probiotikabasis entwickelt, um Infektionen zu verhindern, bevor sie auftreten. Im Rahmen unseres Projekts zielt ein Team aus Wissenschaftler:innen, Kliniker:innen und Technologietransferexpert:innen darauf ab, die Entwicklung unseres Produktkandidaten zur Entfernung antibiotikaresistenter Bakterien aus dem Darm voranzutreiben und in einer klinischen Studie mit Patient:innen zu validieren.

PROTON (HZI): Staphylococcus (S.) aureus ist ein humaner Pathobiont, der die Haut und Schleimhäute von etwa 20 % der Bevölkerung besiedelt. Beim Durchbrechen von Barrieren oder unter Bedingungen der Immunsuppression verursacht S. aureus lokale und systemische Infektionen. S. aureus kann Immunreaktionen unterdrücken, Gewebe zerstören und Komplikationen wie Haut-, Lungen- und Blutbahninfektionen sowie infektiöse Endokarditis verursachen. Wir bieten hier eine Technologie zur Verhinderung der Infektion.

Bacta Implants (MHH): Bacta Implants entwickelt Implantate für die lokale medikamentöse Langzeittherapie. Die Implantate werden speziell für die individuelle Anatomie des Patienten hergestellt und sind elastisch, so dass sie u.a. in kleine, unnachgiebige Nischen eingesetzt werden können. Derzeit liegt der Fokus auf Rundfenster-Nischenimplantaten, die Wirkstoffe direkt ins Innenohr abgeben, um Hörstürze effektiv zu behandeln.

iGUARD-NEXT (MHH): iGUARD-NEXT entwickelt eine inhalative antivirale siRNA, die gegen das humane Parainfluenzavirus 3 (HPIV3) gerichtet ist, wobei der Leitkandidat auf das L-Gen abzielt. Der applizierte siRNA-Führungsstrang lenkt die wirtszelluläre RNAi-Maschinerie in einer hochgradig sequenzspezifischen Weise auf die virale RNA, wodurch unerwünschte Off-Target-Effekte reduziert werden und die virale RNA abgebaut wird. Durch die inhalative Anwendung werden hohe lokale Dosen an den eigentlichen Infektionsort gebracht, was ein großer Vorteil ist. Gleichzeitig wird die systemische Bioverfügbarkeit weitgehend reduziert, um das Risiko von Nebenwirkungen zu verringern.

LuFex (MHH): LuFex wird eine neue inhalative Behandlung unter Verwendung eines validierten antifibrotischen Medikaments zur Behandlung von Organfibrose entwickeln, wobei die idiopathische Lungenfibrose als erste Proof-of-Concept-Krankheit dient. Gewebedegeneration einschließlich der Entwicklung von Fibrose kann viele Organe betreffen, darunter auch die Lunge, und ist für ∼50 % aller Todesfälle in Industrienationen verantwortlich.

ArthroPore (UMG): Das Ziel ist die Entwicklung einer innovativen Behandlungsstrategie für Patienten mit OA, die auf den neuesten Forschungsergebnissen zur Gelenkphysiologie beruht. Unsere jüngsten Studien haben gezeigt, dass in der subchondralen Knochenschicht (SC) zwischen Knorpel und Knochenmark dreidimensionale Mikrokanäle, so genannte Knorpel-Knochenmark-Mikrokonnektoren (BMCMs), existieren, die bisher wenig Beachtung gefunden haben.

 DiagnoSyn (UMG): Der Nachweis von Aggregaten des neuronalen Proteins Alpha-Synuclein (αSyn) ist derzeit die beste Hoffnung für die Frühdiagnose der Parkinson-Krankheit und für die Überwachung des Krankheitsverlaufs. Das Ziel des Projekts ist die Entwicklung eines Diagnosekits, das die Unterscheidung zwischen normalen und Parkinson-spezifischen αSyn-Spezies ermöglicht.

REDBOCS (UMG): REDBOCS zielt auf eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung durch die Entwicklung eines unabhängigen, niedrigschwelligen und standardisierten Verfahrens zum Hautkrebsscreening. Es kann damit auch die Ärzte und ihre Praxen bei der Durchführung des regelmäßigen Hautkrebsscreenings entlasten und bietet ihnen die Möglichkeit, sich auf die im Screening identifizierten Verdachtsfälle zu konzentrieren und so ihr medizinisches Wissen bestmöglich und effizient einzusetzen.
 

Susanne Thiele

Pressekontakt

Susanne Thiele
Stabsstellenleiterin