Fireside Chat mit Michael Manns, Dirk Heinz und Wolfgang Brückner
Fireside Chat mit Prof. Michael Manns (Präsident der MHH), Prof. Dirk Heinz (Wissenschaftlicher Geschäftsführer des HZI) und Prof. Wolfgang Brückner (Dekan der UMG)
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IBT Lower Saxony: Niedersachsens Startup-Inkubator für biomedizinische Innovation kommt ins Rollen

Erste Startup-Idee wird mit 1,5 Millionen Euro angeschoben

Gestern ist der offizielle Startschuss für das neue Leuchtturmprojekt des Landes Niedersachsen gefallen. Bei der ersten öffentlichen Veranstaltung des Institute for Biomedical Translation (IBT) Lower Saxony hat eine hochkarätig besetzte Jury das Pilotprojekt der Initiative ausgewählt, das eine Finanzierung von 1,5 Millionen Euro erhält: Forscher:innen der Universitätsmedizin Göttingen werden bei der Bekämpfung chronischer Nierenerkrankungen unterstützt. Insgesamt stehen dem IBT Lower Saxony 25 Millionen Euro für die nächsten fünf Jahre zur Verfügung, um den Transfer von Spitzenforschung in den Lebenswissenschaften in Niedersachsen zu beschleunigen und in Form von Startups und unternehmerischen Ideen in die Welt zu tragen. Gründungsinstitutionen des IBT sind die Medizinische Hochschule Hannover (MHH), die Universitätsmedizin Göttingen (UMG) sowie das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig.

Jeweils zwei Projekte der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) und des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig haben ihre vielversprechenden Ideen mit Aussicht auf Skalierung und Kommerzialisierung im Rahmen des heutigen Events präsentiert. Prof. Dr. Michael Zeisberg, Dr. Liat Hayardeny-Brück, Prof. Dr. Lutz Ackermann und ihr Team dürfen sich nun als Gewinner freuen: Das Projekt RevOFib der Universitätsmedizin Göttingen bringt Exzellenz aus Medizin, Chemie und Medikamentenentwicklung zusammen und hat ein Portfolio von anti-fibrotischen Ansätzen entwickelt, die sich in multiplen Entwicklungsstadien befinden. Dadurch hat RevOFib eine Perspektive auf schnelle Weiterentwicklung und Ausgründung zum Wohle von Millionen von Patienten mit chronischen Nierenerkrankungen. 

Die sechs vorgestellten Projekte decken eine große Bandbreite von biomedizinischen Innovationen in den Bereichen Gentherapie, Immunologie, Infektionsforschung, Neurowissenschaften, Wirkstoffentwicklung und Zellbiologie ab. Eine hochkarätige Jury mit führenden Vertreter:innen der Forschung und Industrie, unter anderem Prof. Dr. Klaus Cichutek (Präsident, Paul-Ehrlich-Institut), Dr. Matthias Evers (Chief Business Officer, Evotec), Prof. Dr. Christoph Huber (Mitgründer und Aufsichtsratsmitglied, BioNtech) und Prof. Dr. Helga Rübsamen-Schaeff (Aufsichtsratsmitglied, AiCuris Anti-infective Cures) hat das Gewinner-Projekt ausgewählt.

Dem Pilotprojekt des IBT steht eine Förderung von 1,5 Millionen Euro für eine Laufzeit von zwei Jahren zur Verfügung. In der ersten Phase der Förderung durch das IBT erfolgt die zügige wissenschaftliche und marktorientierte Weiterentwicklung, damit aus einer Forschungsidee eine Geschäftsidee wird und mit einem fundierten Businessplan zeitnah eine Unternehmensgründung erfolgen kann. Danach liegt der Fokus auf der Aufnahme der Geschäftstätigkeit sowie darauf, weitere externe Finanzierung zu ermöglichen.

Nach der ersten erfolgreichen Veranstaltung blickt das IBT bereits voraus: Das nächste Startup-Ideen-Event findet am 16. November 2023 statt, weitere Informationen zur Ausschreibung werden im August auf der Webseite der Initiative veröffentlicht. 

"Die Lebenswissenschaften und die Biomedizin gehören zu den zukunftsträchtigsten Disziplinen. Wir starten heute eine gemeinsame Reise in die Zukunft und blicken alle gespannt auf die Pilotphase des IBT Lower Saxony. Es wird auf der starken Forschung seiner Gründungsmitglieder aufbauen können und von deren Erfahrungen in der Verwertung und Ausgründung profitieren" – sagte Prof. Joachim Schachtner, Staatssekretär im niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur beim Auftakt.

"Das IBT Lower Saxony ist eine gute Idee, die zur rechten Zeit kommt. Es wird ein Ort der intensiven Zusammenarbeit, wo erfahrene Wissenschaftler:innen, innovationsfreudige Nachwuchswissenschaftler:innen, Industriepartner:innen und Venture Capital Geber:innen zusammenkommen – und wo man schnell, pragmatisch und unbürokratisch Projekte auf den Weg bringen kann" – so Prof. Dr. Thomas Sommer, designierter Geschäftsführer des IBT Lower Saxony.

Über das IBT Lower Saxony

Niedersachsen zählt zu Deutschlands führenden Standorten für biomedizinische Forschung. Trotz der international anerkannten Forschungsstärke des Landes finden die gewonnenen Erkenntnisse jedoch noch zu selten oder zu langsam ihren Weg in die medizinische Anwendung. Deshalb wurde das IBT Lower Saxony als Leuchtturmprojekt des Landes Niedersachsen im Jahr 2022 ins Leben gerufen. Es unterstützt die Gründung neuer Startups im Bereich der biomedizinischen Forschung, zieht erfolgreiche Unternehmen und Investoren an sowie stärkt die regionale Wirtschaft und macht sie international sichtbar. Mit dem IBT Lower Saxony wird ein Fast Track für die Biomedizin in der Metropolregion Hannover-Braunschweig-Göttingen geschaffen: Innovative Ideen erhalten im IBT nicht nur attraktive Finanzierungsoptionen, sondern Zugang zur gesamten erstklassigen Infrastruktur und Expertise unseres gemeinsamen Ökosystems. Kernziel ist die möglichst schnelle Überführung von Forschungsergebnissen in neue präventive, diagnostische und therapeutische Verfahren. Die Kooperation wurde von drei führenden wissenschaftlichen Einrichtungen der Region initiiert: Gründungspartner sind die Medizinische Hochschule Hannover, die Universitätsmedizin Göttingen und das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig. Die Startfinanzierung von 25 Millionen Euro für die ersten fünf Jahre wird vom niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur und der VolkswagenStiftung zur Verfügung gestellt.

Weitere Informationen über das IBT Lower Saxony finden Sie auf der Webseite

Übersicht der Finalisten

Bacta Implants (MHH): Bacta Implants entwickelt Implantate für eine langfristige lokale Wirkstofftherapie. Die Implantate sind speziell für die individuelle Patientenanatomie gefertigt und elastisch, um unter anderem in kleine, unnachgiebige Nischen eingeführt werden zu können. Zurzeit stehen Rundfensternischenimplantate im Fokus, die Wirkstoffe direkt ins Innenohr bringen, um dort effektiv Hörsturz zu heilen.

DeKox (HZI): Infektionen mit Krankenhauskeimen, insbesondere solche, die durch antibiotikaresistente Bakterien verursacht werden, sind eine der größten Gesundheitsgefahren weltweit. Da die menschliche Mikrobiota ein Reservoir für diese Bakterien darstellt, haben wir einen innovativen probiotischen Ansatz entwickelt, um Infektionen zu verhindern, bevor sie auftreten. Im Rahmen unseres Projekts arbeitet ein Team aus Wissenschaftler:innen, Kliniker:innen und Technologietransferexpert:innen daran, die Entwicklung unseres Produktkandidaten zur Entfernung von antibiotikaresistenten Bakterien aus dem Darm bis zur Validierung in einer klinischen Studie mit Patient:innen voranzutreiben.

DesignerMAC (MHH): Aufgrund von Mangel an Alternativen stützt sich die aktuelle Arzneimittelentwicklung noch immer entweder auf die Verwendung von Tieren oder auf nicht zu standardisierende menschliche Blutzellspender:innen, was moderne Anwendungen im Gesundheitswesen und den allgemeinen Erfindungsreichtum bei der Identifizierung und Sicherheit von Arzneimitteln behindert. Um diese Probleme zu lösen, nutzen wir einzigartige Stammzellen um überlegende Immunzellen (z. B. Makrophagen) herzustellen und zu nutzen. Ohne die Notwendigkeit menschlicher Spender:innen oder Tiere, ermöglicht unsere Produktionspipeline die Herstellung hochstandardisierter Immunzellprodukte, die zur Entdeckung und Erprobung neuer Medikamente oder zur Sicherheit von Medikamenten signifikant beitragen. 

GeneSwitch (UMG): Die Gentherapie birgt ein immenses Potenzial für neue Möglichkeiten der Behandlung von genetischen und erworbenen Krankheiten. Durch die Einführung funktioneller Gene in die Zellen eines Patienten kann die zugrunde liegende Ursache von Krankheiten korrigiert werden, anstatt nur die Symptome zu behandeln. Die pharmakologische Kontrolle der Gentherapie ist von entscheidender Bedeutung, um Sicherheit und Wirksamkeit zu gewährleisten. Sie ermöglicht eine präzise Regulierung der Genexpression, Dosierungsanpassungen und die Möglichkeit, unerwünschte Wirkungen zu stoppen oder umzukehren.

RevOFib (UMG): Einer von 10 Erwachsenen hat eine chronische Nierenerkrankung, die potentiell zur Dialysepflichtigkeit führt. Fibrose, ein pathologischer Vernarbungsprozess, ist dabei der gemeinsame Pathomechanismus, der zum Nierenversagen und Dialysepflichtigkeit führt, ungeachtet der Grunderkrankung. Unser Team bringt Exzellenz aus Medizin, Chemie und Medikamentenentwicklung zusammen und hat ein Portfolio von anti-fibrotischen Ansätzen entwickelt, die sich in multiplen Entwicklungsstadien befinden. Da unser Top-Kandidat ein Metabolit eines sicheren, generischen Medikaments ist, besteht die Perspektive für eine rasche Translation, zum Wohle von Millionen von Patienten. 

STALLTOX (HZI): Im Krankenhaus erworbene Lungenentzündungen werden oft durch das Bakterium Staphylococcus aureus verursacht. Für eine erfolgreiche Infektionsbekämpfung ist es wichtig, den durch das Bakterium freigesetzten Giftstoff ‚alpha-Hämolysin‘ unschädlich zu machen. Im Projekt STALLTOX arbeiten Biolog:innen, Chemiker:innen und Mediziner:innen des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung und der Medizinischen Hochschule Hannover zusammen, um den ersten niedermolekularen Hemmstoff gegen alpha-Hämolysin in die klinische Prüfung zu bringen. Dazu werden unter anderem spezifische Biomarker, die eine gezielte Patientenauswahl ermöglichen, für das Projekt etabliert.