Listerien sind stäbchenförmige Bakterien der Gattung Listeria. Sie leben und vermehren sich auf nicht sachgerecht hergestellten Lebensmitteln, vor allem Fleisch-, Fisch- und Milchprodukten. Werden sie in vermehrter Form aufgenommen, können die Erreger uns krankmachen.
Biomarker und Antikörper gegen Listerien-Bakterien
Das Team des Instituts für Biochemie, Biotechnologie und Bioinformatik der TU Braunschweig hat auf den Bakterien einen neuen Biomarker gefunden, das Enzym Pyruvat-Dehydrogenase Komplex. Solche Biomarker ermöglichen es, die Erreger in Lebensmittelproben genau nachzuweisen. Für einen solchen Nachweis haben die Forschenden außerdem neue Antikörper gegen das Protein erzeugt. Dafür haben sie das so genannte Phagen-Display eingesetzt. Das ist eine Methode aus der Biotechnologie: Dabei werden biologische Strukturen, wie z.B. Proteine oder Antigene, auf der Oberfläche eines Phagen – eines Virus´, das Bakterien infiziert – präsentiert. So können geeignete Bindungspartner gefunden werden.
Drei Phagen-Display-Technologien im Einsatz
Die Braunschweiger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben nacheinander drei Varianten der Phagen-Display-Technologien verwendet, um den Biomarker zu identifizieren, die Antikörper gegen die Listerien herzustellen und deren Interaktion mit dem Biomarker genau zu analysieren. Mithilfe des Antikörper-Phagen-Displays haben sie zuerst Antikörper gegen Listerien im Reagenzglas selektiert. Dabei fanden sie Antikörper, die die Bakterien sehr spezifisch erkannt haben. Um den Biomarker zu finden, haben sie das so genannte ORFeome-Phagen-Display eingesetzt: Dabei wurden Teile von Listerien-Proteinen auf der Phagenoberfläche präsentiert und überprüft, welche der Proteine an die Antikörper binden. Zum Schluss wurde die Bindungsstelle, das Epitop, zwischen dem Biomarker und dem Antikörper mithilfe des Single Gene Phagen-Displays genau bestimmt.
Einsatz in der Diagnostik
Listerien lassen sich mithilfe unterschiedlicher Diagnoseverfahren nachweisen, z.B. mit der Polymerase Kettenreaktion (PCR) oder dem Enzyme-linked Immunosorbent Assay (ELISA). Der von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gefundene neue Biomarker und auch die Antikörper bieten Möglichkeiten, den Nachweis von Listerien zu verbessern, vor allem in Ländern, in denen die Diagnostik noch nicht so fortgeschritten ist wie in Deutschland. „Unsere Forschung soll helfen, den Nachweis krankmachender Bakterien in Lebensmitteln zu vereinfachen und zu verbessern. Das ist bei uns, aber auch weltweit wichtig, weil viele Lebensmittel auch für den Export produziert werden“, sagt Dr. Gustavo Moreira vom Institut für Biochemie, Biotechnologie und Bioinformatik (IB³) der TU Braunschweig.
Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Partnern
Professor Michael Hust, ebenfalls vom IB³, fügt hinzu: „Dieses Projekt zeigt, wie gut wir in der Forschungsregion Braunschweig zusammenarbeiten und auch die internationale Bedeutung unserer Forschung.“ Zusammen mit dem Leibniz-Institut Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen (DSMZ) wurde die Bindung der Antikörper an zahlreiche Bakterienstämme untersucht. Das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) hat die Ergebnisse validiert, indem die Forschenden dort getestet haben, ob die Antikörper an den Pyruvat-Dehydrogenase Komplex binden. Die Brasilianischen Partner sind in die weitere Entwicklung eines Schnelltests für Lebensmittel eingebunden.
Zur Pressemitteilung der Technischen Universität Braunschweig
Originalpublikation:
Moreira, G.M.S.G., Köllner, S.M.S., Helmsing, S. et al. Pyruvate dehydrogenase complex—enzyme 2, a new target for Listeria spp. detection identified using combined phage display technologies. Sci Rep 10, 15267 (2020). https://doi.org/10.1038/s41598-020-72159-4