Wie Bakterien mit giftigem Quecksilber fertig werden, wie sie die Behandlung mit Antibiotika überstehen und wie man sie mittels so genannter „Suizid-Inhibitoren“ trotzdem besiegen könnte: Das sind nur einige der zahlreichen Forschungsthemen, denen sich der US-Biochemiker Christopher Walsh in seiner wissenschaftlichen Laufbahn gewidmet hat. Am Donnerstag, 25. April, wurde Walsh dafür in Braunschweig geehrt: Der Harvard-Professor erhielt die mit 5000 Euro dotierte Inhoffen-Medaille, den angesehensten deutschen Preis auf dem Gebiet der Naturstoffchemie.
Die Auszeichnung wird vom Förderverein des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) finanziert und wurde im Rahmen der öffentlichen Inhoffen-Vorlesung verliehen, einer gemeinsamen Veranstaltung des HZI und Technischen Universität Braunschweig. Die Inhoffen-Vorlesung fand in diesem Jahr am Donnerstag, 25. April, statt. „Mit diesem Preis möchten wir Walshs beeindruckenden Beitrag für die Wissenschaft anerkennen“, erläutert Prof. Dietmar Schomburg, Vorsitzender des Fördervereins des HZI, die Entscheidung.
Bakterien verfügen über raffinierte „Produktionsstraßen“, um Wirkstoffe herzustellen, die sie für ihr Überleben benötigen. Viele dieser Substanzen sind für uns Menschen medizinisch interessant, beispielsweise weil sie als Antibiotikum eingesetzt werden können. Christopher T. Walsh, Professor an der renommierten Harvard Medical School in Boston, USA, ist ein bedeutender Experte auf dem Gebiet dieser bakteriellen Fabriken.
In vielen Forschungsprojekten befasste sich der US-Amerikaner mit der Struktur und Funktion von Enzymen, den Katalysatoren der Zelle, um ihre molekulare Basis besser zu verstehen. Unter anderem erforschte er die so genannten „Suizid-Inhibitoren“. Diese Stoffe ähneln den Molekülen, die normalerweise von einem Enzym-Katalysator erkannt und umgesetzt werden. Das Enzym hält sie fälschlicherweise für natürliche Reaktionspartner, bindet an sie und baut sie um – wodurch dann ein Hemmstoff entsteht, der das Enzym dauerhaft blockiert. Suizid-Inhibitoren, die gegen die Enzyme von Bakterien wirken, können für den Einsatz zu medizinischen Zwecken weiterentwickelt werden.
Walshs Arbeiten ermöglichten es auch, von Bakterien produzierte Enzyme nachträglich künstlich zu verändern. Das stellte einen enormen Fortschritt für die biologische Synthese von Wirkstoffen dar. Er entdeckte außerdem, wie Bakterien Resistenzen gegen das Reserveantibiotikum Vancomycin entwickeln, was die Erzeugung neuer Antibiotika vorantrieb.
Im Rahmen der Inhoffen-Vorlesung würdigte der Förderverein des HZI auch herausragende lebenswissenschaftliche Dissertationen. Träger der mit je 1000 Euro dotierten Förderpreise sind Dr. Cornelia Chizzali und Dr. Christian Mayer. Chizzali erforschte in ihrer Dissertation, Abwehrstoffe, mit denen sich Obstbäume gegen die Pflanzenkrankheit Feuerbrand wehren; Mayer befasste sich mit Mechanismen der Immuntoleranz.
Neben den Förderpreisen wurde auch der Fritz-Wagner-Preis zur Förderung der Biotechnologie verliehen. Die Auszeichnung und die damit verbundenen 500 Euro erhielt in diesem Jahr Patrick Rabe für seine Promotion über die Synthese und Analytik von sekundären Stoffwechselprodukten, die von Bakterien produziert werden.
Hans Herloff Inhoffen und die gleichnamige Medaille
Zum Gedenken an den 1992 verstorbenen Chemiker Prof. Hans Herloff Inhoffen veranstalten die TU Braunschweig und das HZI (damals noch: Gesellschaft für Biotechnologische Forschung, kurz GBF) seit 1994 regelmäßig die Inhoffen-Vorlesung, bei der der gleichnamige Preis vergeben wird. Inhoffen lehrte von 1946 bis 1974 an der TH Braunschweig und amtierte dort von 1948 bis 1950 als Rektor. Er gründete darüber hinaus 1965 das „Institut für Molekulare Biologie, Biochemie und Biophysik“ (IMB), das Vorläufer-Institut der GBF und damit des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung.