Krankmachende Bakterien, Computersimulationen und Nanotechnologie – wie geht das zusammen? Am Braunschweiger Systembiologie-Zentrum BRICS, einer gemeinsamen Einrichtung der Technischen Universität Braunschweig und des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI), arbeiten Wissenschaftler sehr unterschiedlicher Fachgebiete eng zusammen. Allen ist eine Mission gemeinsam: Sie wollen mit Hilfe von mathematischen Methoden Infektionen besser verstehen und so neue Ansatzpunkte für Therapien identifizieren. Um einen optimalen Austausch untereinander zu ermöglichen, treffen sich am 17. und 18. März 2014 BRICS-Arbeitsgruppen auf dem Campus des HZI beim BRICS forum und stellen ihre aktuellen Forschungsprojekte vor.
„Systembiologie“ bezeichnet den modernsten methodischen Ansatz der heutigen Lebenswissenschaften. Im Prinzip will man Leben berechenbar machen. Mit Hilfe von mathematischen Modellen werden Vorhersagen über die Biologie gemacht, die anschließend experimentell überprüft werden können. Dieses Wechselspiel aus Experiment und mathematischem Modell erfordert die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Biologen, Physikern, Mathematikern, Informatikern, Chemikern und Ingenieuren. Aus diesem Grund arbeiten im BRICS Arbeitsgruppen des HZI eng mit unterschiedlichen Instituten der Technischen Universität (TU) Braunschweig zusammen.
„Unser Ziel ist es, die Grundlagenforschung im Gesundheitsbereich durch die Anwendung systembiologischer Methoden voranzutreiben.“ sagt Prof. Dieter Jahn, Sprecher des BRICS und Vizepräsident der TU Braunschweig für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs. Er selbst koordiniert beispielsweise ein Verbundprojekt, in dem das Bakterium Clostridium difficile untersucht wird, das lebensgefährliche Durchfallerkrankungen hervorrufen kann. „Die Systembiologie hilft uns dabei, das Bakterium im Ganzen zu verstehen. Wir wollen nicht nur durchs Schlüsselloch gucken, sondern durch ein Weitwinkelobjektiv.“ veranschaulicht Jahn den systembiologischen Ansatz.
Neben der Präsentation der eigenen Forschungen wollen die Braunschweiger sich während des Forums auch Anregungen aus anderen Systembiologie-Zentren holen. Deshalb halten Prof. Marc Thilo Figge vom Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie - Hans-Knöll-Institut -in Jena und Dr. Karsten Hiller vom Luxemburg Centre for Systems Biomedicine Impulsvorträge.
„Wir können mittlerweile sogar das Schicksal einzelner Zellen verfolgen, indem wir sie über einen längeren Zeitraum unter dem Mikroskop betrachten und ihre Bewegung dann mathematisch analysieren“, erklärt Figge, der an krankheitsverursachenden Pilzen forscht. Allerdings brauchen die Forscher hierfür eine spezielle Software, mit der die Bilder und Filme ausgewertet werden können. Diese Software entwickeln sie mit Hilfe von mathematischen Modellen, die das Verhalten von Zellen während eines Infektionsprozesses genau beschreiben.
Einen anderen Ansatz verfolgt Karsten Hiller, der auf die Untersuchung des Stoffwechsels spezialisiert ist: „Bei unseren Untersuchungen an Zellen des menschlichen Gehirns haben wir einen Stoff entdeckt, der als körpereigenes Antibiotikum wirkt“, erläutert Hiller seine aktuellen Ergebnisse. Dieser Stoff könnte in Zukunft einen ganz neuen Weg in der Behandlung von Infektionen eröffnen. Ermöglicht wurde die Entdeckung durch Messgeräte, die eine Momentaufnahme aller chemischen Verbindungen in einer Zelle zu einem bestimmten Zeitpunkt machen – ein typisch systembiologischer Ansatz.
Für Vertreter der Presse besteht am 17. März um 16:30 Uhr die Möglichkeit zu einem Gespräch mit BRICS-Sprecher Prof. Jahn und den beiden externen Experten. Dafür bitten wir um eine telefonische Anmeldung.
Der Name „BRICS“ steht für „Braunschweig Integrated Centre of Systems Biology“. Das Zentrum ist eine gemeinsame Einrichtung der TU Braunschweig und des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung. An der TU Braunschweig wird für das BRICS derzeit ein neues Gebäude errichtet. Auch auf dem Campus des Helmholtz-Zentrums ist ein neues Gebäude geplant, in dem BRICS-Arbeitsgruppen gemeinsam forschen werden.