Der menschliche Körper ist besiedelt von einer Vielzahl verschiedener Mikroorganismen wie Bakterien, Hefen und Pilzen. All diese mikrobiellen Mitbewohner – als Mikrobiom oder Mikrobiota bezeichnet – sind wichtig für unsere Gesundheit: Zum Beispiel unterstützt das Mikrobiom im Darm die Verdauung und hilft dabei, Nährstoffe verfügbar zu machen. Bestimmte Bakteriengruppen dominieren das menschliche Darmmikrobiom zwar, die genaue Zusammensetzung ist aber individuell verschieden. Sehr häufig treten zum Beispiel Bakterien aus der Familie Prevotellaceae und dem zugehörigen Genus Segatella auf, über deren Biologie allerdings nicht viel bekannt ist, da sie sich für Untersuchungen nur schwer isolieren und kultivieren lassen. Sie sind Bestandteil des ursprünglichen Mikrobioms und bei rund 90 Prozent der Menschen vertreten, die in nicht-industrialisierten Regionen der Erde leben wie in Amazonien oder in Teilen Afrikas. Dagegen tragen nur 20 bis 30 Prozent der Menschen in Europa und den USA diese Bakterien.
Einem Forschungsteam um Prof. Till Strowig, der am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig die Abteilung „Mikrobielle Immunregulation“ leitet, ist es kürzlich gelungen, zusätzliche Vertreter der Segatella-Bakteriengruppe zu isolieren. „Mithilfe detaillierter Genomanalysen konnten wir zeigen, dass die Segatella-Gruppe um den bekanntesten Vertreter Segatella copri (zuvor unter dem Namen Prevotella copri bekannt) ein deutlich größerer Komplex ist, als es bisher bekannt war, und wir konnten sogar fünf neue Arten beschreiben“, sagt Strowig. Gemeinsam mit Kolleg:innen am Leibniz-Institut DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH und an der Universität Trento (Italien) hat das Forschungsteam diese Spezies genauer charakterisiert. „Die Segatellen sind auf den Abbau von Ballaststoffen spezialisiert. Wie oder ob sie unsere Gesundheit begünstigen, ist allerdings nach wie vor nicht bekannt“, sagt Strowig. Dass sie im Mikrobiom der westlich lebenden Menschen deutlich seltener vorkommen, liege wahrscheinlich an den hygienischen Bedingungen: „Aufgrund ihrer extremen Spezialisierung auf den Menschen erfolgt die Aufnahme dieser Bakterien vor allem über zwischenmenschliche Kontakte, nicht über die Nahrung, und intensive Hygienemaßnahmen können solche natürlichen Besiedlungsketten durchbrechen.“