Das Braunschweiger Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) koordiniert einen neuen interdisziplinären Forschungsverbund mit dem die Bildung und Verhinderung von Biofilmen erforscht werden soll. Im Fokus stehen dabei Karies (Zahnplaque) sowie speziell bei Infektionskrankheiten auftretende Biofilme. Erstmals wollen die Forscher dabei mit Hilfe der Systembiologie die Wirkungsmechanismen natürlicher Biofilm-Hemmstoffe untersuchen und deren Wirkung weiter optimieren. „Mit diesem Ansatz verfolgen wir eine neue Strategie, um Karies- und Biofilmbildung zu vermeiden und Infektionskrankheiten, die in Kliniken heute ein zunehmendes Risiko darstellen, bereits im Keim zu ersticken“, sagt Irene Wagner-Döbler, Leiterin der Arbeitsgruppe Mikrobielle Kommunikation am HZI, die den Forschungsverbund zusammen mit An-Ping Zeng, TU Hamburg Harburg, koordiniert. Die Ergebnisse dieser Grundlagenforschung werden direkt in der klinischen Praxis getestet.
Biofilme bestehen aus Massen von Mikroorganismen – zum Beispiel Bakterien – die in eine dünne Schleimschicht (Film) eingebettet sind. Sie spielen in der Medizin eine bedeutende Rolle, denn vielfach sind pathogene Erreger in der Schleimschicht vor dem Zugriff des Immunsystems sowie der Wirkung von Antibiotika geschützt. Wenn sich solche Biofilme an Kathetern, Implantaten und medizinischen Instrumenten festsetzen, entsteht eine Quelle für pathogene Keime, die zu chronischen Infektionen bis hin zu einer tödlichen Blutvergiftung führen können.
Die Forscher wollen als erstes die molekularen und stoffwechselphysiologischen Mechanismen untersuchen, mit denen der erst kürzlich entdeckte Biofilm-Hemmstoff Carolacton, das Stoffwechselprodukt eines Myxobakteriums, die Karies-Bildung hemmt. Später sollen die Studien auf andere medizinisch relevante Bakterien wie Streptokokken ausgeweitet werden. Ziel ist es, das Carolacton-Molekül in seiner Wirkung zu optimieren und an Implantate, Zahnfüllungen und andere in der Medizin verwendete Materialien zu koppeln, um eine Biofilm-Bildung zu verhindern und damit das Infektionsrisiko zu verringern. „Durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit haben wir bessere Chancen, die Bildung von Karies und gefährlicher Infektionskrankheiten, wie sie heute im medizinischen Alltag in Kliniken zunehmend auftreten, zu bekämpfen“, fasst Kooperationspartner An-Ping Zeng die Vorteile des Projekts zusammen.
Die Forschungsarbeiten fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Programms „Medizinische Systembiologie (MedSys)“ mit einem Gesamtbetrag von 1,9 Millionen Euro. Beteiligt sind neben dem HZI und der TUHH auch das Universitätsklinikum Aachen, das Max-Planck-Institut für komplexe technische Systeme in Magdeburg, die TU Braunschweig sowie ein Industriepartner.
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