Hier fühlen sie sich am wohlsten – in Klimaanlagen, Kühltürmen, Wasserleitungen, Schwimmbädern und Duschen: Legionellen. Infiziert sich der Mensch mit dem bakteriellen Krankheitserreger, kann das ohne Behandlung rasch zum Tode führen.
Doch wie wirkt das Pathogen im menschlichen Körper? Unter welchen Bedingungen vermehrt es sich? Wie kann man das Legionellen-Risiko in komplexen Wasserleitungssystemen verringern? Mit diesen Fragen beschäftigen sich Wissenschaftler am HZI in Braunschweig. Manfred Höfle, Leiter der Arbeitsgruppe "Mikrobielle Diagnostik", setzt dabei auf internationale Zusammenarbeit. Er organisierte das "International Symposium on Legionella", auf dem am 6. und 7. September 2016 Experten aus Nordamerika, dem Nahen Osten und Europa ihre neuen Forschungsergebnisse vorstellten.
Manfred Höfle selbst koordiniert ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördertes trilaterales Projekt über die Ökologie und die Virulenz der Legionellen, an dem deutsche, palästinensische und israelische Partner beteiligt sind. Die Ergebnisse dieser Zusammenarbeit präsentierte er gemeinsam mit Ingrid Brettar und weiteren Kollegen des Arbeitskreises.
Unter den weiteren Gastrednern war Christian Lück von der Technischen Universität Dresden. Er betreibt an der TU ein durch das Robert Koch-Institut (RKI) ernanntes Konsiliarlabor für Legionellen, das das RKI bei der epidemiologischen Bewertung und bei Ausbruchsuntersuchungen unterstützt. Auf dem Symposium beschrieb Lück die phänotypischen und genotypischen Merkmale von Legionella pneumophila, des Erregers der Legionärskrankheit.
Michel Steinert von der TU Braunschweig entwickelt neue Infektionsmodelle, anhand derer man realitätsnah den Infektionsweg in der menschlichen Lunge und mit Hilfe von Nematoden studieren kann.
Wie vielfältig die Interaktionen zwischen Pathogenen und Wirt sind, illustrierte auch Yousef Abu Kwaik von der University of Louisville im US-Bundesstaat Kentucky. Er zeigte in seinem Vortrag auf, wie Effektorproteine der Legionellen Wirtszellen manipulieren, um zum Beispiel ihre Nährstoffgrundlage zu sichern.
Eine Kontaminierung mit Legionellen-Bakterien in Wassersystem festzustellen, ist allerdings nicht so einfach. Denn bei ungünstigen Lebensbedingungen, wie z. B. steigenden Temperaturen, fallen sie in eine Art Schlafzustand. Antje Flieger vom Robert-Koch-Institut (RKI) hat dazu Proteom-Analysen durchgeführt. Der sogenannten VBNC-Zustand (viable but not culturable) ist ein typisches Problem bei der Diagnose von Legionellen: Sie sind zwar lebendig und immer noch infektiös, aber im Labor nicht mehr kultivierbar.
Wie weit die Praxis der Legionellen-Prävention fortgeschritten ist, zeigten Beiträge zum öffentlichen Warmwasser- und Trinkwassersystem-Managements. Dazu präsentierte Gertjan Medema von der Delft University of Technology quantitative mikrobielle Verfahren in der Gefahrenanalyse von Wassersystemen. Und Roland Suchenwirt vom Niedersächsischen Gesundheitsamt referierte über die strengen Anforderungen an unsere Trinkwasserhygiene und die entsprechenden amtlichen Rahmenbedingungen.
Für Manfred Höfle und sein Team war das Symposium ein Erfolg: "Die Veranstaltung umspannte drei Aspekte: Einmal die Ökologie der Legionellen, deren Verständnis dazu führen soll, dass im Vorfeld das Wachstum der Legionellen in Wassersystem verhindert wird. Des Weiteren die Infektion und ihre Prozesse, so dass man diese besser verstehen und therapieren kann. Hervorzuheben ist auch die schnelle Diagnostik, die molekularbasiert Ergebnisse innerhalb weniger Stunden ermöglicht, so dass der Patient schnellstmöglich behandelt werden kann."
Legionellen verursachen in Europa Schätzungen zufolge jedes Jahr etwa 100.000 Fälle von schweren Lungenentzündungen. Die sogenannte Legionellose, deren häufigste Form man auch als "Legionärskrankheit" bezeichnet, tritt oft gehäuft in Form von Ausbrüchen auf, die viele, meist geschwächte Menschen erfassen. Obwohl Legionella pneumophila, der wichtigste Krankheitserreger unter den Legionellen, seit 1976 bekannt ist und intensiv studiert wird, lassen sich diese Ausbrüche bis heute nicht effizient verhindern.