Die Pest war eine der größten Epidemien, die die Menschheit je erlebt hat. Die erste Veranstaltung der Vortragsreihe „KrankheitsErregend – Die großen Seuchen“ befasst sich mit verschiedenen Aspekten dieser Krankheit: Wissenschaftler und Ärzte geben einen historischen Rückblick, berichten über medizinische Fakten der Pest und beschreiben den neuesten Stand der Forschung. Die Veranstaltung des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) und des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) richtet sich an alle interessierten Bürger, der Eintritt ist frei.
Allein im Mittelalter raffte die Pest ein Drittel der Bevölkerung Europas dahin. Besonders beängstigend war zu früheren Zeiten ihre scheinbare Unberechenbarkeit. Dass die Krankheit auf ein stäbchenförmiges Bakterium zurückzuführen ist, weiß man erst seit 1894, als der Arzt Alexandre Yersin den später nach ihm benannten Erreger Yersinia pestis entdeckte. Zuvor herrschten verschiedene Vorstellungen über die Ursachen vor: Wahlweise machten die Menschen bestimmte Sternenkonstellationen oder Minderheiten als Sündenböcke verantwortlich oder sahen im Massensterben eine Strafe Gottes. Sehr populär war die Annahme, dass sich die Seuche durch üble Dünste, sogenannte Miasmen, verbreite. Das führte dazu, dass sich Pestärzte mit langen Gewändern schützten und Kräuter enthaltende Schnabelmasken trugen, die die Luft filtern sollten. Erst nach dem Tod unzähliger Menschen erkannte man, dass sich die Seuche eindämmen ließ, wenn man die Kranken 40 Tage isolierte. Aus dem französischen Wort für die Anzahl der Tage, „Quarantaine“, leitete sich später der Begriff Quarantäne ab. Diese historischen Aspekte der Pest wird Prof Karl-Heinz Leven am 13. Oktober beleuchten. Leven ist Direktor des Instituts für Geschichte und Ethik der Medizin der Universität Erlangen-Nürnberg und unter anderem Spezialist für Seuchengeschichte.
Ob Beulenpest, Lungenpest oder die septikämische Pest, bei der sich die Erreger über den Blutstrom verbreiten: Heutzutage kann man fast alle Pestpatienten heilen, wenn die Infektion nur früh genug festgestellt wird. Woran erkennt man die durch Rattenflöhe übertragene Krankheit und wie äußert sie sich beim Menschen? Welche Therapien sind verfügbar? Diese Fragen wird Dr. Julia Riehm beantworten. Auch wenn die dramatischen Epidemien Vergangenheit sind, kommt es doch immer wieder zu vereinzelten Ausbrüchen, besonders in Afrika. Dazu liefert Riehm, die als Fachtierärztin für Mikrobiologie am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr unter anderem in der Mongolei und auf Madagaskar tätig ist, Erfahrungsberichte aus erster Hand.
Die aktuelle Forschung auf dem Gebiet der Pest ist Thema des Beitrags von PD Gottfried Wilharm, Projektleiter am Robert Koch-Institut. Forschungsbedarf besteht in jedem Fall: Zum einen haben einige Pestbakterien Resistenzen gegen Antibiotika entwickelt, zum anderen stuft das Robert Koch-Institut den Erreger als eine der „wahrscheinlichsten Biowaffen für terroristische Anschläge“ ein. Wissenschaftler gehen zudem der Frage nach, ob frühere Massensterben wirklich der Pest zuzuschreiben sind. Hierzu isolieren sie die Erbsubstanz von Yersinia pestis aus Pestopfern des Mittelalters und vergleichen sie mit den Genen heutiger Pesterreger. „Allein die genetischen Unterschiede können nicht erklären, warum die Pest im Mittelalter so schrecklich wütete und heute doch stark zurückgedrängt ist“, kommentiert Wilharm die Ergebnisse dieser Studien.
Im Anschluss an die Vorträge bietet eine moderierte Diskussionsrunde den Zuschauern die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Beginn ist um 10:30 Uhr im Forum des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung in Braunschweig. Die Vortragsreihe „KrankheitsErregend – Die großen Seuchen“ wird mit den Themen Tuberkulose (27.10.), Grippe (10.11.) und AIDS (24.11.) fortgesetzt. Weitere Informationen finden Sie unter www.helmholtz-hzi.de/de/aktuelles/veranstaltungen/vortragsreihe_die_grossen_seuchen.