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Vorbildliche Medizin aus der Natur

Förderverein des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung verleiht Inhoffen-Medaille

Der Chemiker Herbert Waldmann sucht inspiriert durch natürliche Wirkstoffe nach neuen Medikamenten. Seine Vorbilder sind sogenannte Naturstoffe – kleine, biologisch aktive Moleküle, die von Pflanzen, Mikroorganismen und Tieren beispielsweise zur Verteidigung oder als Botenstoffe zwischen Zellen und Organen produziert werden. Viele Naturstoffe wirken nicht nur auf ihre ursprünglichen Ziele, sondern auch auf bestimmte menschliche Stoffwechselprozesse. So zählen bis heute die in Pflanzen vorkommenden Substanzen Morphin und die Digitalisglykoside zu den wirksamsten Medikamenten gegen Schmerzen beziehungsweise gegen Herzkrankheiten. Tatsächlich basiert fast die Hälfte aller derzeit verfügbaren Arzneimittel auf Naturstoffen oder naturstoffähnlichen Verbindungen. In der Krebsmedizin trifft dies sogar auf rund drei Viertel aller Präparate zu.


Herbert Waldmann und seinen Mitarbeitern ist es in jahrelanger Arbeit gelungen, anhand von verschiedenen Naturstoffen als Vorlage, eine Vielfalt an neuen und naturidentischen Substanzen auf chemischem Wege durch Synthese zu gewinnen. Einige spielen als Hemmstoff eine maßgebliche Wirkung auf das Wachstum von Brust-, Eierstock- und Magentumoren, andere regulieren den Blutzucker oder sind an der Reizleitung im Nervensystem beteiligt.

Für seine Arbeit wird Herbert Waldmann jetzt in Braunschweig mit der Inhoffen-Medaille geehrt. Der Forscher wird die Auszeichnung am kommenden Donnerstag, 29. April, um 15 Uhr in der Aula im Haus der Wissenschaft an der Technischen Universität Braunschweig entgegennehmen.

Herbert Waldmann studierte Chemie und promovierte 1985 im Fach Organische Chemie. In den folgenden zwei Jahren arbeitete er als Postdoktorand an der Harvard University in Cambridge, USA. 1991 habilitierte er sich an der Universität Mainz. Kurz darauf erhielt er die Professur für Organische Chemie an der Universität Bonn. 1993 übernahm er einen Lehrstuhl für Organische Chemie an der Universität Karlsruhe. Seit 1999 leitet er die Abteilung Chemische Biologie am Max-Planck-Institut für molekulare Physiologie in Dortmund.

Seither hat Herbert Waldmann zudem die Professur für Biochemie an der Technischen Universität Dortmund inne. Für seine Arbeiten erhielt er zahlreiche wissenschaftliche Auszeichnungen, darunter den Otto-Bayer-Preis und die Max-Bergmann-Medaille.

Der vom Förderverein des Helmholtz-Zentrums gestiftete Preis ist mit 2500 Euro dotiert. Er wird im Rahmen der öffentlichen Inhoffen-Vorlesung verliehen, einer gemeinsamen Veranstaltung des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung und der Technischen Universität Braunschweig. Nach einem Vortrag des Preisträgers wird Prof. Joachim Klein, Vorsitzender des Fördervereins und der Braunschweigischen Wissenschaftlichen Gesellschaft, die Medaille überreichen.

Würdigung herausragender Doktorarbeiten

Im Rahmen der Preisverleihung zeichnet der Förderverein zudem herausragende Doktorarbeiten der Technischen Universität Braunschweig und des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung aus. In diesem Jahr gibt es zwei Preisträger des mit 2.000 Euro dotierten Förderpreises.

Dr. Judith Becker, TU Braunschweig, generierte während ihrer biotechnologisch orientierten Arbeit mit Hilfe neuartiger systembiologischer Methoden einen maßgeschneiderten, extrem effizienten Corynebakterien-Stamm zur Produktion von Lysin (jährliche Weltproduktion: 1 Million Tonnen), einem der wichtigsten Produkte in der industriellen Biotechnologie.

Dr. Jan Hänisch, Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung, untersuchte ausführlich die grundlegenden Mechanismen der Zellinvasion durch Salmonellen. Salmonellen sind eine der häufigsten Ursachen von Lebensmittelvergiftungen, wobei man weltweit von über einer Milliarde Fällen pro Jahr ausgeht, die zu vielen tausend Todesopfern führen. Dr. Hänisch konnte zeigen, dass die verbreitete Lehrmeinung über die Invasionsstrategie der Salmonellen in menschliche Zellen zu kurz greift und dass mehrere Wege der Zellinvasion existieren.

Neben den Förderpreisen wird auch der Fritz-Wagner-Preis zur Förderung der Biotechnologie verliehen. Die Auszeichnung und die damit verbundenen 500 Euro erhält in diesem Jahr Nelson Lloyd Brock, TU Braunschweig, für seine Masterarbeit, die er schon mit 21 Jahre abschloss. Er erforschte den Schwefelmetabolismus von Bakterien der Roseobacter-Gruppe, der im direkten Zusammenhang mit dem globalen Schwefelzyklus und dem Klima der Erde besteht und der zudem mit der Biosynthese des Antibiotikums Tropodithietsäure verbunden ist.

Hans Herloff Inhoffen und die gleichnamige Medaille

Zum Gedenken an den 1992 verstorbenen Chemiker Prof. Hans Herloff Inhoffen veranstalten die TU Braunschweig und das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (damals noch: Gesellschaft für Biotechnologische Forschung, kurz GBF) seit 1994 regelmäßig die Inhoffen-Vorlesung, bei der der gleichnamige Preis vergeben wird. Inhoffen lehrte von 1946 bis 1974 an der TH Braunschweig und amtierte dort von 1948 bis 1950 als Rektor. Er gründete darüber hinaus 1965 das „Institut für Molekulare Biologie, Biochemie und Biophysik“ (IMB), das Vorläufer-Institut der GBF und damit des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung.