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Die chemische Umsetzung von Lignin ermöglicht eine Produktion von Wirkstoffen aus Holzabfällen.
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Wirkstoffe aus gutem Holz geschnitzt

Forschende etablieren grüne Wirkstoffproduktion aus Holzabfällen

Nachhaltige und umweltschonende Produktionsprozesse spielen eine immer wichtigere Rolle in nahezu allen Zweigen der Industrie. Insbesondere bei der Produktion pharmazeutischer Wirkstoffe kommt eine Vielzahl unterschiedlicher Ausgangs- und Hilfsstoffe zum Einsatz, die häufig umweltschädigende Eigenschaften aufweisen und daher aufwendig aufbereitet und entsorgt werden müssen. Forschenden der Universität Graz und des Helmholtz-Instituts für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) ist es nun gelungen, eine Strategie für die Synthese von pharmazeutischen Wirkstoffen aus Holzabfällen zu entwickeln, welche gänzlich ohne schädliche Ausgangsstoffe und Nebenprodukte auskommt. Seine Ergebnisse veröffentlichte das Team in der Fachzeitschrift Angewandte Chemie International Edition.

Grundlage für die entwickelte Strategie zur Produktion neuer Wirkstoffe ist die Verbindung Lignin. Hierbei handelt es sich um ein in Pflanzen vorkommendes Biopolymer, welches zu deren Verholzung führt und ihnen Stabilität verleiht. Aufgebaut ist Lignin aus unterschiedlichen aromatischen Verbindungen, die in großer Zahl miteinander verknüpft werden. Gelingt es, Lignin wieder in seine einzelnen Bausteine zu zerlegen, so können diese anschließend der Produktion hochwertiger Produkte wie z.B. Kraftstoffe oder Chemikalien zugeführt werden. Da Lignin eine der weltweit am häufigsten vorkommenden organischen Verbindungen ist, ist es sowohl in großen Mengen, als auch nachhaltig verfügbar. Die Teams der beiden Forscherinnen Anna Hirsch (HIPS) und Katalin Barta (Universität Graz) konnten nun erfolgreich zeigen, dass Lignin auch für die Produktion pharmazeutischer Wirkstoffe in einem umweltfreundlichen Verfahren verwendet werden kann. Das HIPS ist ein Standort des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung in Zusammenarbeit mit der Universität des Saarlandes.

Startpunkt der Studie war ein in der Gruppe von Barta etabliertes, effizientes Verfahren zum Abbau von Lignin in eine Vorläufersubstanz, die sich hervorragend für die Herstellung potenzieller Wirkstoffe eignet. Basierend auf diesem Molekül erstellten die Forschenden gleich mehrere Strategien zur Synthese vier unterschiedlicher Stoffklassen mit jeweils mehreren Vertretern. Ein entscheidender Vorteil war, dass hierbei neben der Ausgangssubstanz Lignin ausschließlich weitere nicht-schädliche und biologisch abbaubare Lösemittel und Reagenzien zum Einsatz kamen. Somit bietet die etablierte Plattform eine Möglichkeit zur nachhaltigen und grünen Produktion aktiver Vorläufersubstanzen für die Wirkstoffentwicklung – bislang eine Seltenheit in der Pharmaindustrie.

Nachdem die Forschenden Lignin erfolgreich in unterschiedliche Klassen potenzieller Wirkstoffe umgewandelt haben, untersuchten sie deren biologische Aktivität. „Bei der Charakterisierung unserer synthetisierten Moleküle haben wir uns angeschaut, welche der Substanzen dazu in der Lage sind, das Wachstum unterschiedlicher Arten von Bakterien oder sogar Krebszellen zu beeinflussen“, sagt Hirsch, Leiterin der Abteilung Wirkstoffdesign und Optimierung am HIPS und Professorin für Medizinische Chemie an der Universität des Saarlandes. „Dabei wurden wir positiv überrascht: Gleich mehrere der hergestellten Kandidaten zeigten hervorragende Aktivität, unter anderem gegen Keime, die im klinischen Kontext oft Resistenzen gegen gängige Antibiotika aufweisen und damit große Probleme verursachen. Das zeigt uns, dass wir mit unserer Strategie durchaus in der Lage sind, den Bedarf nach neuen Wirkstoffen zu bedienen.“ Eine der vielversprechendsten Verbindungen wurde bereits in einem Infektionsmodell an Larven der großen Wachsmotte getestet. Im Vergleich zu unbehandelten Larven überlebten deutlich mehr Larven eine Infektion mit dem Erreger Streptococcus pneumoniae, wenn sie gleichzeitig mit der hergestellten Substanz behandelt wurden. S. pneumoniae kann auch den Menschen befallen und teils schwere Lungenentzündungen hervorrufen.

„Unsere Technologie erlaubt es uns, Moleküle herzustellen, die sonst nur sehr schwer zugänglich sind – und das auf der Basis eines Stoffes, der in der Regel als Abfall gelten würde“, sagt Katalin Barta, Professorin für Bioorganische Chemie an der Universität Graz. „Wir sind uns sicher, dass Produktionsprozesse der Zukunft grün und nachhaltig sein müssen. Bereits heute herrscht in einigen Teilen der Produktion von Medikamenten eine kritische Ressourcenknappheit. Wenn wir es schaffen, eine wirtschaftlich sinnvolle Alternative auf der Basis von Lignin anzubieten, können wir also gleich zwei Probleme gleichzeitig angehen.“ Da bei der Produktion von Wirkstoffen aktuell häufig Reagenzien und Ausgangsstoffe auf der Basis von Erdöl eingesetzt werden, würde ein Wechsel hin zu erneuerbaren Ressourcen einen wichtigen Beitrag leisten, um die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu verringern. In weiteren Studien wollen die Teams der beiden Forscherinnen diese vielversprechenden Substanzen weiter untersuchen und optimieren.

Originalpublikation

Afanasenko et al., Clean Synthetic Strategies to Biologically Active Molecules from Lignin: A Green Path to Drug Discovery. 2023, Angewandte Chemie Int. Ed.. DOI: 10.1002/anie.202308131

Yannic_Nonnenmacher

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Dr. Yannic Nonnenmacher
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