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Zytomegalie Forschung mit menschlichen Zellen

Wissenschaftler des TWINCORE sind dem Versteck von HCMV auf der Spur

Zytomegalie, die Infektion mit dem Humanen Cytomegalievirus (HCMV), ist bei gesunden Erwachsenen im Normalfall eine leichte Infektionskrankheit, die meistens nicht einmal von den Betroffenen bemerkt wird. Um dem Immunsystem aus dem Weg zu gehen, versteckt sich das Virus in Körperzellen und  kann dort ein Leben lang bleiben. Zum massiven Problem wird das Virus, wenn das Immunsystem noch nicht vollständig ausgebildet ist, wie beispielsweise bei Neugeborenen, oder bei Patienten, die nach einer Transplantation mit immunsupprimierenden Medikamenten behandelt werden. Infektionen mit HCMV gelten als Auslöser für eine ganze Reihe von schweren, lebensbedrohlichen Komplikationen nach Transplantationen. Wissenschaftler des TWINCORE haben nun untersucht, wie unterschiedliche Zellen des menschlichen Immunsystems das Virus erkennen und sich dagegen wehren.

Um dem Wechselspiel zwischen unserem Immunsystem und HCMV auf die Spur zu kommen, haben Wissenschaftler des Instituts für Experimentelle Infektionsforschung Immunzellen aus menschlichem Blut untersucht. „Da das Humane Cytomegalievirus in einem hohen Maß wirtsspezifisch ist, also sehr an den Menschen angepasst ist, kooperieren wir eng mit Kliniken, um mit Immunzellen des Menschen zu arbeiten“, sagt die Nachwuchswissenschaftlerin Jennifer Paijo. Sie wollte herausfinden, wie Immunzellen der ersten Verteidigungslinie das Virus erkennen und wie sie den ersten Abwehrschritt bei einer Infektion – die Interferonproduktion – steuern. „Solche Untersuchungen wurden bisher hauptsächlich mit Modellzellen gemacht, aber wenn man verstehen möchte, wie HCMV im Menschen agiert, muss man wegen der ausgeprägten Wirtsspezifität menschliche Immunzellen untersuchen.“
Makrophagen und Dendritische Zellen sind solche Immunzellen. Sie sind nicht nur gute Interferonproduzenten; HCMV greift sie zudem bei einer Infektion direkt an. „Die Untersuchung von Makrophagen und Dendritischen Zellen ist interessant, da HCMV ein DNA-Virus ist, das sich einige Wochen nach der Erstinfektion in Vorläuferzellen von Makrophagen zurückzieht, um sich dort inmitten der DNA des Zellkerns zu verstecken“, erklärt Jennifer Paijo. Um zu verstehen wie diese Immunzellen eine Infektion mit HCMV erkennen und daraufhin eine schützende Interferonantwort bilden, haben die TWINCORE Wissenschaftler zwei wichtige Rezeptoren für DNA-Viren in Makrophagen und Dendritischen Zellen untersucht: den TLR9 Rezeptor, der DNA in zellulären Kompartimenten erfasst, und das cGAS Protein, das DNA im Inneren der Zellen erkennt.

„Wir haben herausgefunden, dass die Produktion von Interferon – also die erste Abwehrreaktion gegen das Virus – in Makrophagen fast ausschließlich über den cGAS-Rezeptor gesteuert wird“, sagt Jennifer Paijo. „In einem Subtyp der Dendritischen Zellen, den plasmazytoiden Dendritischen Zellen, haben wir zwar ebenfalls viel cGAS Protein gefunden, diese Zellen scheinen das Protein aber nicht für die Erkennung von HCMV zu benutzen. Stattdessen aktivieren diese Zellen die Interferonproduktion nachdem sie das Virus über TLR9 erkannt haben.“ Die Vermutung: Die plasmazytoiden Dendritischen Zellen werden kaum infiziert – also kann das Virus auch keinen Rezeptor aktivieren, der innerhalb der Zelle liegt. Dagegen werden Makrophagen stärker infiziert und deshalb treten das Virus und der cGAS-Rezeptor im Zytoplasma der Makrophagen miteinander in Wechselwirkung. „Damit haben wir einen neuen Ansatzpunkt, an dem HCMV das Immunsystem beeinflusst“, sagt Jennifer Paijo. Das ist besonders interessant, da sich HCMV vor allem in Makrophagen versteckt und das Virus in einem immungeschwächten Patienten in diesen Zellen wieder aktiv werden kann. „Ein besseres Verständnis der Wechselwirkungen zwischen dem Virus und den Makrophagen wird helfen, zu verstehen, was bei der Reaktivierung des Virus vor sich geht“, schließt Ulrich Kalinke, Leiter des Instituts für Experimentelle Infektionsforschung.

 

Originalpublikation:

cGAS Senses Human Cytomegalovirus and Induces Type I Interferon Responses in Human Monocyte-Derived Cells. Paijo J, Döring M, Spanier J, Grabski E, Nooruzzaman M, et al. (2016). PLoS Pathog 12(4). DOI:10.1371/journal.ppat.1005546