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Dem Schwarzen Tod auf der Spur

Neues Analysegerät identifiziert Pest-Erreger auch ohne Labor

Wissenschaftler am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung haben gemeinsam mit Kooperationspartnern aus Wissenschaft und Industrie ein Diagnosegerät entwickelt, mit dem Pest-Bakterien auch außerhalb von Laboren zuverlässig identifiziert und mengenmäßig bestimmt werden können. Der schwarze Tod war der Schrecken des Mittelalters. Im 14. Jahrhundert starben etwa 20 Millionen Menschen in Europa an der Pest. Epidemien solch gigantischen Ausmaßes verursacht der Pest-Erreger heute dank guter Antibiotika zwar nicht mehr. Doch vor allem in Entwicklungsländern kommt es immer wieder zu begrenzten Ausbrüchen der Seuche. Um sie schnell einzudämmen, ist eine frühzeitige und exakte Diagnose direkt vor Ort überlebenswichtig.

 

Yersinia pestis, so der lateinische Name des Pest-Bakteriums, benutzt ein ganz spezifisches Eiweiß, um die Immunabwehr seiner Wirtstiere oder des Menschen zu umgehen: Ein Protein mit der Bezeichnung YPF1 verhindert an der Oberfläche des Bakteriums, dass die Fresszellen des Immunsystems den Eindringling aufnehmen und damit unschädlich machen. Yersinia pestis kann sich dann ungehindert im Körper vermehren und verursacht schwere Krankheitssymptome.

 

Die Braunschweiger Wissenschaftler haben nun ein anderes Molekül – einen Antikörper, der an YPF1 bindet – nutzbar gemacht, um das Pest-Bakterium in einem einfachen und handlichen
Analysegerät nachzuweisen. Der Trick: Sie veränderten den Antikörper derart, dass er zusätzlich zu seiner Verbindung mit dem Protein YPF1 auch noch an winzige magnetische Perlen andockt.

 

Bei einem Verdachtsfall auf Pest entnimmt der Arzt dem Patienten Körperflüssigkeit wie zum Beispiel Blutserum. Wie er das gefährliche Bakterium nachweist, beschreibt Projektleiter Professor Mahavir Singh vom Helmholtz-Zentrum: „Nachdem alle in der Probe enthaltenen Zellen zerstört worden sind, gibt der Arzt die modifizierten Antikörper und die Magnetperlen hinzu. Dadurch entstehen im Gemisch Gebilde aus drei Teilen: Pestprotein – Antikörper – Magnetperle. Im Diagnosegerät koppeln sich diese Komplexe an eine speziell beschichtete Oberfläche an und werden einem Magnetfeld ausgesetzt. Ein Detektor misst anschließend nicht nur, ob Pestproteine in der Lösung vorhanden sind, sondern kann auch ihre Konzentration bestimmen. Damit lässt sich die Schwere der Erkrankung diagnostizieren.“

 

Das neue Verfahren verspricht Hilfe dort, wo sie am nötigsten ist: Die meisten Pest-Erkrank­ungen treten in Ländern mit schlechter medizinischer Infrastruktur wie beispielsweise Indien auf. Bisher waren für eine eindeutige Diagnose aufwändige Laborarbeiten notwendig – in ländlichen Gebieten des Subkontinents undenkbar. Singh: „Das neue System soll direkt vor Ort eingesetzt werden. Dafür werden unsere Kooperationspartner das Gerät in den kommenden Monaten bis zur Serienreife weiterentwickeln.“ Dann lässt sich auch in abgelegenen Landstrichen ein Ausbruch der Pest schnell feststellen – und mit Antibiotika eine Epidemie verhindern.

 

Quelle

 

Originalartikel: Martin H.F. Meyer, Matthias Stehr, Sabin Bhuju, Hans-Joachim Krause, Markus Hartmann, Peter Miethe, Mahavir Singh and Michael Keusgen: Magnetic biosensor for the detection of Yersinia pestis. Journal of Microbiological Methods, Volume 68, Issue 2. February 2007, Pages 218-224 Die Publikation ist online einsehbar unter www.sciencedirect.com